Sonntag, 17. April 2016

Bus fahren in Peru, ein Sonnenuntergang am Pazifik und die Weiterreise nach Arequipa

Gestern besuchte ich mit Brayan seine Universität, die Universidad Nacional Mayor de San Marcos, da Brayan mir diese unbedingt zeigen wollte, da sie so schön sei. Bereits die Fahrt dorthin war ein kleines Abenteuer. Während ich Taxis (die übrigens ausnahmslos hupen, um auf sich aufmerksam zu machen, sobald man ein paar Schritte geht und potenziell mitfahren könnte), die Metro und die großen Busse als Transportmittel bereits kennen gelernt hatte, wurde ich nun vor die Herausforderung gestellt, mit den kleineren Bussen in Lima zu fahren. Feste Haltestellen gibt es nicht, aber kleine blaue Schilder weisen entlang der Straßen die Punkte aus, an denen ständig kleine Busse und Minibusse halten, auf denen die Hauptstraßen gedruckt sind, durch die diese fahren. Außerdem hängt sich ein Mitarbeiter aus dem fahrenden Bus oder öffnet im Fahren die Türen und schreit die nächsten Stationen. Im Zweifel fragt man nochmal nach, ob der Bus auch an einer bestimmten Ecke hält, und dann geht es los: im Laufe der Fahrt zahlt man 1 Soles für sein Ticket, ansonsten kann man die Busfahrt auf sich wirken lassen. Mit viel Hupen schlängelt der Bus sich durch den dichten, chaotischen Verkehr und hält ständig an, ob Haltestelle oder nicht, um an der Straße stehende Menschen zu fragen, ob sie mitfahren wollen. Zwischendurch steigen Getränke- und Eisverkäufer ein und schreien ihre Angebote in den Bus, außerdem spielt laute lateinamerikanische Musik aus dem Radio.

 

Nach einer Stunde und einmal Umsteigen hatte ich es tatsächlich geschafft und war am Campus angekommen. Die Gegend war nunmehr überhaupt nicht mehr touristisch, weit und breit war ich die einzige Nicht-Peruanerin und alles wirkte etwas staubiger, lauter und heruntergekommener als in Miraflores oder der Altstadt.

Zunächst trafen wir Brayans Cousin und gingen mit ihm essen. In einer kleinen Halle mit vielen kleinen, engen Lädchen waren einige Tische um zwei offene Küchen aufgebaut. Während Brayan mir erzählte, wie gerne er diesen Ort mochte, da man zusehen konnte, wie das Essen zubereitet wird, wurde mir ganz anders bei diesem Anblick. In riesigen Töpfen wurde das Essen gekocht, benutztes Geschirr lediglich unter dem Wasserhahn einmal mit dem Lappen abgewischt, mit dem auch der Thresen abgewischt wurde, und zu allem Überfluss war es nicht nur dreckig, sondern es schwirrten auch unzählige Fliegen um uns herum. Schnell versuchte ich das sicherste Essen auszumachen und bekam einen Avocadosalat sowie Arroz con mariscos, gebratenen Reis mit frittierten Meeresfrüchten, und dazu Limonade aus einem verdreckten Kanister, die ich dankend ablehnte. Auf Ceviche verzichtete ich hier vorsichtshalber, trotzdem konnte ich meine Umgebung nicht ausblenden und bekam mein Essen nur mit Müh und Not herunter. Immerhin kostete das Menü auch nur 7 Soles, etwa 1,90€.

 

Nach dem Essen spazierten Brayan und ich über den Campus, der sehr groß war und der ein paar schöne Grünflächen besaß, sonst aber recht unspektakulär aussah. Ich hoffte noch ein wenig, um die Ecke zu gehen und vor ein paar imposanten Gebäuden zu stehen oder irgendetwas anderes zu erblicken, das den Campus ausmachte - doch stattdessen befanden wir uns bald auf einer riesigen Baustelle und kletterten über Bauschutt und Schlamm, um weiterzukommen. Schließlich erreichten wir einen botanischen Garten und Brayan erklärte, dies sei sein Lieblingsort. Sogleich packte er seine Gitarre aus und spielte ein paar Lieder, meckerte allerdings, dass ich so angespannt sei. Ich erklärte ihm, dass ich gerne um 16 Uhr in Barranco wäre, da dort eine weitere Free Walking Tour starten würde, und er meinte, ich solle mich entspannen, wir hätten noch mehr als genug Zeit, dorthin zu kommen. Widerwillig hörte ich noch weiteren Liedern zu und versuchte, nicht zu nervös zu wirken. Brayan war zwar wirklich nett, aber ich fand die Situation etwas langweilig und wollte die Tour unbedingt nutzen, um nochmal ein paar Leute kennen zu lernen und abends noch etwas in Barranco unternehmen zu können. Endlich packte Brayan seine Gitarre wieder ein und wir gingen zurück, während Brayan dauernd betonte, dass wir noch ewig Zeit gehabt hätten und ich nicht so angespannt sein solle. Mir ging das ziemlich auf die Nerven, zudem glaubte ich ihm nicht wirklich. Er brachte sogar noch seine Gitarre nach Hause, und endlich fand ich mich in einem Minibus wieder, der uns Richtung Downtown brachte, verabschiedete mich dort von Brayan und fuhr mit der Metro nach Barranco.





Natürlich und wie es abzusehen gewesen war, war ich eine halbe Stunde zu spät am Treffpunkt und niemand war mehr dort. Erst war ich ziemlich sauer und wusste nicht so recht, was ich nun mit dem Rest des Tages alleine anfangen sollte - alle meine Bekanntschaften waren bereits nicht mehr in Lima oder verplant. Aber bald war ich nicht nur wieder positiv gestimmt, sondern war sogar sehr zufrieden, alleine die Gassen Barrancos zu durchqueren und dieses wunderbar farbenfrohe, kolonial geprägte Viertel Limas zu erkunden. Von dem Parque de Barranco, dem Hauptplatz Barrancos, ist man in ein paar Schritten bei der Puente de los Suspiros, einer romantischen alten Brücke und eines der beliebtesten Foto- und Postkartenmotive in Barranco. Nahe der Brücke ist die schön anzusehende, gelbe Iglesia La Ermita und das zum Design-Shop umgewandelte ehemalige Koloniolhaus Vernácula. 









Am Horizont kann man von dort bereits den Pazifik erblicken, und der Bajado de los Baños führt direkt dorthin. An den Wänden entlang der Steintreppen sind großflächige Graffitis, danach wird der Weg zum Touristenpfad mit reihenweise Restaurants. Entlang eines Holzpfades kann man schließlich die Hauptstraße, die an den Klippen vorbeiführt, überqueren und sich auf einer der Steintreppen den Sonnenuntergang ansehen. Ich fühlte mich sofort an die zahlreichen großartigen Sonnenuntergänge an der kalifornischen Küste erinnert und genoss den farblichen Wandel der Sonne, des Himmels und der Wolken und die Reflextionen im Meer und den Wellen. Ich spazierte noch ein wenig umher, sah mir die Viktoria Bar an - ebenfalls ein ehemaliges Kolonialhaus - und entschied mich dann, zurück nach Miraflores zu fahren.

  







 





Im Kennedy Park kaufte ich mir an einem der vielen Stände ein Sandwich und Picarones, frittierte donutähnliche Teigringe mit einer Sauce, die wie Ahornsirup aussieht und schmeckt, und hörte ein wenig einem Konzert zu, das gerade im Park stattfand.



 Heute morgen hieß es dann Abschied nehmen von meinem liebgewordenen Hostel, und einem Pärchen aus Kanada, das ich möglicherweise ebenfalls nochmal in Arequipa treffen werde, da die beiden ebenfalls überlegen, an meiner Sprachschule einen Kurs zu absolvieren. Das Hostel (The Lighthouse) kann ich übrigens absolut empfehlen, die Atmosphäre ist von Anfang an sehr familiär, man fühlt sich schnell wohl und kann in 20 Minuten zum Kennedy Park laufen und ist somit in einer perfekten Ausgangslage für alle Aktivitäten in Lima.

 

Gegen Mittag fuhr ich entlang der Pazifikküste zum Flughafen und flog in nur 90 Minuten nach Arequipa (statt 22 Stunden mit dem Bus zu fahren), nicht ohne einen kurzen Blick auf die Anden. Am Flughafen erwartete mich eine Frau und ein Mann, und erst sehr spät merkte ich, dass sie von der Sprachschule kamen und nicht meine Gastfamilie waren. Mit Blick auf den Misti, den 5822 Meter hohen Vulkan, der als Wahrzeichen Arequipas gilt, machten wir uns auf den Weg durch die Neustadt zu meiner tatsächlichen Gastfamilie. Eleana und Freddy begrüßten mich außerordentlich herzlich und zeigten mir mein großzügiges Zimmer, in dem ich nun die nächsten vier Wochen wohnen werde. In dem großen Haus leben außerdem noch Eleanas pflegebedürftige Mutter und Bobo, ein kleiner aufgeweckter Hund. Zum Abendbrot gab es die für Arequipa typischen Brötchen, Butter, Käse, Marmelade und dazu Instantkaffee oder Tee - es scheint also nicht nur ein übliches Frühstück zu sein. Klasse finde ich den Filter, der an den Wasserhahn angeschlossen ist und der das Leitungswasser trinkbar macht.
Freddy und Eleana erklärten mir gleich, dass sie zwar ein wenig Englisch könnten, aber bewusst nur Spanisch mit mir sprechen würden. Sie klärten mit mir einige Grundregeln, die ich mit ach und krach verstand (hoffe ich zumindest) und betonten, dass ich mich wie Zuhause fühlen solle und sie für die Zeit meines Aufenthalts meine Familie sein würden. Ich glaube, ich werde mich hier wohlfühlen. Außerdem ermutigte mich Freddy, immer und überall Spanisch zu sprechen, um die Sprache schnell zu lernen, und forderte mich auch sogleich heraus, indem er mir viele Fragen stellte. Bisher verstehe ich nur wenig und kann mich kaum ausdrücken, aber mit Händen und Füßen funktioniert die Kommunikation. Ich bin hochmotiviert, das ab morgen zu ändern, denn es nervt mich bereits, nicht mehr zu verstehen und sprechen zu können. Morgen früh werde ich abgeholt und dann geht mein Sprachkurs los, ich bin schon sehr gespannt.

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