Freitag, 29. April 2016

Die beste kulinarische Destination der Welt?

Diese Woche war hauptsächlich von kulinarischen Highlights geprägt- meine Erzählungen gehen wohl eher in die Richtung Food-Blog statt Reiseabenteuer. ;) Doch es macht so viel Spaß, sich durch die verschiedenen Gerichte zu probieren, auf der Straße oder in eleganten Restaurants, durch traditionelle Speisen und Resultate der vielen Fusionsküchen. Bei der Ausgabe der World Travel Awards erhielt Peru Ende 2015 zum vierten Mal in Folge die Auszeichnung als beste kulinarische Destination der Welt - ich kann jetzt schon nachvollziehen, warum.

Am Montag gab es im Crepissimo - wahrscheinlich einer meiner neuen Lieblingsläden - ein Mittagsmenü bestehend aus frischem Salat, einem Quinoa-Crepe gefüllt mit einer Quinoa-Käse-Mischung und einem zartschmelzenden Schokoladeneis, dazu eine frische Limetten-Limonade, das gesamte Menü für 7,80€. Zudem ist alles in diesem französisch angehauchten Innenhof schön - die kunstvoll verzierten Wände, der Aussichtspunkt auf der Terasse, die individuell bemalten Tische und die unaufdringliche Jazzmusik im Hintergrund - die anscheinend über das SWR-Radio gestreamt wird, wie ich in einer Pause zwischen zwei Stücken hören konnte.





Am Dienstag sind Lissa und ich auf Fabricios Empfehlung hin über die schöne Puente Bolognesi zum El Montenegro gelaufen, das versteckt in einem Hinterhof direkt am Rio Chili liegt und von der Terasse aus während des Essens einen grandiosen Blick auf die Vulkane ermöglicht. Schon auf dem Weg dorthin überredete mich Lissa, ein paar Streetfood-Spezialitäten auszuprobieren - zum einen tamales, mit Maismehl und verschiedenen Zutaten gefüllte und entsprechend deftige oder süße in Maisblättern eingehüllte, gedämpfte Taschen, zum anderen Pastel de Choclo (der Name einer großen Maissorte) ohne Füllung und dafür süß. Neben einem Saft aus der Papaya arequipeña, die kleiner als die normale Papaya ist, bestellten wir uns im Restaurant beide eine Plato Americano, unwissend, dass ein Teller für uns beide locker ausgereicht hätte. Neben der Spezialität Rocoto Relleno (sehr scharfe gefüllte Paprika), Pastel de Papas (eine Art Kartoffelauflauf), Habas (grünen dicken Bohnen), Soltero de Queso (einem superleckeren aus Arequipa stammenden Salat mit Käse, Zwiebeln, Tomaten, Oliven, Choclo-Mais, Habas, Koriander und anderen Gewürzen), einem Stück Chicharrón de Chanchon (Schwein), einem Omelette aus Gemüse und Spaghetti (sehr seltsam) befand sich auch noch ein riesiger Haufen Reis auf unserem Teller. Kostenpunkt diesmal bei 10,50€, also teuer.
Neben dem vielen Essen auch ein kurzer Einschub zum Tagesgeschehen: am Dienstag und Mittwoch wurden in Arequipa die Wasserleitungen gereinigt und - man kann sich nicht vorstellen, dass das in der zweitgrößten Stadt Perus möglich ist - in der ganzen Stadt gab es vorübergehend kein Wasser. Die Hotels haben zwar Tanks und somit hat man es in der Sprachschule nicht gemerkt, aber zum Beispiel im Restaurant floss kein Wasser. Verrückt, oder?
Außerdem musste ich diese Woche waschen, was man hier am besten in einer der Lavanderías machen lässt - für relativ gesehen viel Geld. Jetzt riechen meine Sachen nach Rauch, aber nach Nachfrage in der Lavandería kann das angeblich nicht sein.




Am Mittwoch habe ich mich durch die vielen wuseligen Straßen Arequipas treiben lassen, meine zwei nächsten Wochenenden geplant, dabei viele wunderbare Innenhöfe entdeckt, die still und bunt und grün nur wenige Meter vom Chaos entfernt liegen und winzige Läden und süße Cafés beherbergen. Am Ende bin ich mal wieder auf dem Markt San Camillo gelandet, habe auch dort das Durcheinander der vielen Waren und Menschen auf mich wirken lassen, und mir einen Pastel de Papa und einen frischen zubereiteten Cherimoyasaft gekauft - unschlagbar günstig für insgesamt 3,70€. Das Wetter ist übrigens toll, gleichmäßige 22 Grad, die aber wärmer wirken, da die Sonne extrem stark ist. Sobald diese aber untergegangen ist, wird es sofort kühl und man friert abends schnell, denn mit Heizungen sind peruanische Häuser nicht ausgestattet.










 



Am Donnerstag sind Lissa und ich nach der Schule wieder essen gegangen, erneut in eines der Restaurants, das uns Fabricio empfohlen hatte und das ich ohnehin aufsuchen wollte. Im Hatunpa gibt es vor allem eines - Kartoffeln. In Peru gibt es mehr als 3000 Kartoffelsorten (Fun Fact: in Lima sitzt das internationale Kartoffelinstitut mit einer Gendatenbank von etwa 3900 Kartoffeln), gegen Aufpreis kann man pro Gericht drei Andenkartoffeln, drei wilde Kartoffelsorten sowie Süßkartoffeln probieren - in meinem Fall mit Ocopa arequipeña con queso, die übrigens ihre gelbe Farbe dem Gewürz Huacatay sowie gelbem Pfeffer verdankt. Das Tischset zeigt die Flaggen aller Länder, aus denen bereits Gäste im Hatunpa waren, mitsamt der Übersetzung für das Wort Kartoffel (das deutsche Wort tanzt natürlich mal wieder vollkommen aus der Reihe), und der Besitzer klemmt jedem Besucher die beiden Herkunfsflaggen auf den Tisch. Das Ergebnis: abwechslungsreiches und leckeres Essen plus einem Sättegefühl, das den ganzen Tag hält, für 4,80€.





Abends haben wir uns im Deja Vu getroffen, um an der kostenlosen Salsa-Stunde teilzunehmen. Doch statt 20.30 Uhr ging es natürlich erst gegen 22.30 Uhr so richtig los (peruvian time eben) und so waren wir gezwungen, noch ein paar Cocktails zu trinken. Ein paar Chilcanos und Cuba Libres später - zwei Cocktails für nur 15 Soles, also 4€! - hatten wir Markus aus Finnland, der ebenfalls an unserer Sprachschule Spanisch lernte, und seine peruanische Freundin getroffen, und gerade als wir aufbrechen wollten, ließen wir uns doch überreden, trotz verpassten Anfangs mitzutanzen - und nach ein paar Startschwierigkeiten war die Erinnerung an meinen Salsakurs vor Jahren wieder aufgefrischt und es hat - natürlich - wahnsinnig viel Spaß gemacht. Achja, Lissa ist übrigens 47 und hat zwei Kinder - überrascht? War ich auch, und insgeheim glaube ich es ihr auch immer noch nicht, ebenso wenig wie alle anderen.






Heute haben Lissa, ihr Spanischlehrer Christian, Or aus Israel und ich schließlich eine waschechte Pícanteria inmitten des Wohnviertels, in dem ich auch wohne, getestet - mal wieder auf Empfehlung von Fabricio - und waren allerding nur mittelmäßig überzeugt - zudem zum Preis von etwa 5,80€. Neben Chica Morrada gab es für mich ein zweites Mal Trucha Frita.





Fazit der Woche: Peruaner reden nicht nur wahnsinnig gerne über Essen, sondern essen auch sehr gerne und sehr viel - die Portionen sind meist riesig. Fast jeden Beginn meiner Doppelstunden mit Fabricio verbringen wir mit dem Informationsaustausch über Restaurants und Events.
Zur Sprache selbst noch ein paar Worte: Lissa und ich haben und fast immer auf Spanisch unterhalten, von einzelnen Worten und Sätzen in Englisch unterbrochen, und unter anderem deshalb hat diese Woche wahrhaftig viel Lernzuwachs für mich mit sich gebracht. Mit den taxistas verhandeln und die ganze Fahrt über Smalltalk führen, mit Peruanern sprechen - all das klappt nun langsam, und es ist ein tolles Gefühl. Alle Konjugationen im Indikativ haben wir nun durchgenommen, also neben dem Präsens und Imperativ vier Vergangenheitsformen und drei Futurformen, und haben nun mit dem Subjuntivo begonnen, der in der Alltagssprache sehr viel gebraucht wird, ab nächster Woche geht es mit dem Buch auf Intermedio-Niveau weiter. Aber davor geht es erstmal auf zu einer dreitägigen Tour in den Colca Cañon, der zweittiefste Canyon der Welt, fast doppelt so tief wie der Grand Canyon - ich freue mich riesig.

Sonntag, 24. April 2016

Die erste Woche in Arequipa

Die erste Woche in Arequipa ist schon wieder vorbei, und ich bin zunehmend begeistert von der Stadt und fühle mich hier sehr wohl. Täglich habe ich vier Stunden Spanischunterricht, mal vormittags, mal nachmittags, und bin danach auch meist am Limit meiner Konzentrationsfähigkeit. Aber die Stunden sowie das Lernen zahlen sich aus, täglich verstehe ich in Gesprächen mehr und kann das Gelernte sofort anwenden, was natürlich sehr motivierend ist.  Das Ausmaß an Informationen und das Tempo ist enorm, alleine diese Woche haben wir unter anderem zwei Vergangenheitsformen, eine Futurform, die Verlaufsform, direkte und indirekte Pronomen, den Imperativ, Possesivpronomen und Reflexivverben behandelt. Mein Spanischlehrer meinte, am schwierigsten seien für Spanischschüler meist der Unterschied zwischen ser und estar, die Verwendung des Pretérito indefinido und der Unterschied zwischen por und para - all diese Stolpersteine kenne ich jetzt und nun heißt es, diese durch Übung aus dem Weg zu räumen. Außerdem lerne ich jeden Tag dutzende neuer Vokabeln kennen, aber auch das hilft im sofortigen Sprachgebrauch ungemein. Meine Gastfamilie, die mich liebevoll Sarita nennt, ist sehr geduldig mit mir, wenn ich am Abendbrottisch meine Sätze zusammenbastle, und sehr liebenswürdig.

Neben der Schule und dem Lernen habe ich mir diese Woche Zeit genommen, Arequipa ein wenig kennen zu lernen. Arequipa ist die zweitgrößte Stadt in Peru, etwa 850.000 Menschen leben hier auf 2300 Metern Höhe, und wird auch die weiße Stadt genannt. Meistens werden als Erklärung die Kolonialgebäude angeführt, die aus dem hellen Vulkangestein sillar gebaut sind. Doch gestern habe ich erfahren, dass bis in 20. Jahrhundert hinein die Gebäude mehrheitlich farbig angestrichen waren, und es deshalb wahrscheinlicher ist, dass Arequipa diesen Spitznamen aufgrund des größten weißen Bevölkerungsanteils in Peru trägt. So oder so, durch Arequipa zu laufen ist aufgrund der vielen weißen, aufwendig verzierten Gebäude eine wahre Freude. Wegen des Vulkangesteins, der Architektur und der deutlichen indigenen Einflüsse ist Arequipa 2000 sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden. Nach wie vor nicht gewöhnen kann ich mich an den Anblick der Vulkane, die die Stadt umgeben: der Misti, der Chachani und der Picchu Picchu. Wo immer man in der Stadt unterwegs ist, ragen am Horizont stets die schneebedeckten Gipfel dieser riesigen Vulkane empor und bieten ein atemberaubendes Bild. Auf dem Weg zu meiner Sprachschule, immer entlang einer großen Hauptstraße, überquere ich ich eine Brücke über den Fluss Chili, wo sich mir zweimal täglich ein wunderbarer Ausblick über alle drei Vulkane bietet, mal mehr, mal weniger in Wolken gehüllt, und manchmal klar und deutlich erkennbar.



 


Am Anfang der Woche habe ich mir die nähere Umgebung meines Hauses angesehen, das im modernen Stadtteil Cayma gelegen ist und über ein riesiges Einkaufszentrum verfügt. Am Donnerstag lief ich ein wenig durch die Straßen Arequipas, verweilte im schönen kleinen Park auf der Plaza San Francisco vor der Inglesia San Francisco, und besuchte gegen 16 Uhr das Monasterio Santa Catalina. Dieses Kloster erstreckt sich hinter riesigen Steinmauern über eine Fläche von etwa 20.000 Quadratmetern und wirkt somit wie eine kleine Stadt inmitten der Stadt. Mit 40 Soles ist der Eintritt vergleichsweise teuer, doch mir war der Besuch bereits von vielen Seiten empfohlen worden, insbesondere an Dienstagen und Donnerstagen, da das Kloster dann länger geöffnet hat und nach Einbruch der Dunkelheit die Räumlichkeiten mit Kerzen beleuchtet werden. Zufällig traf ich vor dem Eingang Agnes aus der Schweiz und Anna aus Deutschland, die ich aus meiner Sprachschule kannte, und so besuchten wir das Kloster gemeinsam. Ein paar Nonnen leben noch heute darin, doch der größte Teil ist öffentlich zugänglich. Neben wunderbaren Kreuzgängen, von Pflanzen und Malereien verziert und in bunten Farben bemalt, befinden sich in einigen Räumlichkeiten Kunst- und Fotografieausstellungen, die Zellen der ehemaligen Nonnen sind inklusive erhaltener Ausstattung begehbar. Fast allein gingen wir durch die dunklen Zellen und verwinkelten, kleinen Durchgänge zu winzigen Innenhöfen, teils mit Öfen ausgestattet - einst waren die Nonnen für ihre Backwaren und Kuchen bekannt gewesen. In einem Raum, in dem vormals die toten Nonnen aufgebahrt worden waren, befanden sich dreizehn Bilder an den Wänden, allesamt von Nonnen - jedoch gezeichnet nach ihrem Tod. Die Stille, in die hinein hin und wieder die aufgelegte Kirchenmusik erklang, und die kalten, kargen Zellen erzeugten nicht nur eine düstere, sondern geradezu gruselige Stimmung. Diese Atmosphäre wurde nach Einbruch der Dunkelheit noch verstärkt, da teilweise nur der Kerzenschein die Räume innerhalb der kalten Mauern beleuchtete. Der Himmel färbte sich noch in den verschiedensten Purpurtönen, die untergehende Sonne ließ die schneebedeckten Vulkangipfel in leuchtendem Orange erstrahlen, dann lag die Dunkelheit über dieser kleinen Stadt, mit all ihren Gängen und Zellen, Gassen und Straßen. Sogar die ehemalige Küche mit Küchengeräten und Brunnen war zugänglich. Wir empfanden beinahe ein Gefühl von Beklemmung, wenngleich wir auch beeindruckt waren. Doch als wir ein paar Stufen fanden, die hinauf auf eine Terrasse führten, von der aus man endlich die Stadt sehen konnte, die Vulkane als Silhouetten im Hintergrund erkennbar, war dies schon fast befreiend, und wir fragten uns, wie seltsam es sein musste, diese Mauern ab dem Jugendalter ein Leben lang nicht zu verlassen und nur von dieser Terrasse aus eine Ahnung vom Leben in Arequipa außerhalb der Klostermauern zu bekommen. Fast über zwei Stunden hatten wir in dem Kloster verbracht, als wir uns wieder auf den Rückweg zum Plaza de Armas machten. Wir wollten uns gerade verabschieden, da sahen wir vor der imposanten Kathedrale eine aufgebaute Leinwand sowie ein paar Stühle, fanden heraus, dass um 19 Uhr ein peruanischer Film gezeigt werden würde, und entschieden uns spontan, zu bleiben. Das Municipalidad Provincial de Arequipa zeigte kostenlos den Film Magallanes. Magallanes spielt in Lima, und handelt von einem ehemaligen Soldaten, der in Ayacucho kämpfte und nun als unliszensierter Taxifahrer arbeitet. Ein paar technische Unterbrechungen und die gewellte Leinwand störten ein wenig, doch der Film entwickelte bald eine großartige Spannung, und dank englischer Untertitel verstand ich auch die vielen Fluche und Schimpfwörter.


















 


















Am Freitag gelang es Agnes, Anna, Lissa, einer weiteren Sprachschülerin aus Colorado, und mir, in ein Konzert im Monasterio zu gelangen. Das kostenlose Konzert bat Platz für 300 Zuhörer, und glücklicherweise waren wir darunter. Das Sinfonieorchester Arequipa spielte das erste Klavierkonzert von Tchaikovsky sowie die zweite Sinfonie von Schumann mit einem Solopianisten aus Venezuela. Das riesige Gewölbe, das einst als Schlafsaal gedient hatte und heutzutage als Kunstausstellung, wird auf Grund der hervorragenden Akustik desöfteren für die Aufführung klassischer Konzerte genutzt. In der Pause stellte sich heraus, das meine Sitznachbarin in Arequipa Psychologie studierte und Deutsch lernte, um ein Semester in Deutschland zu studieren - was für ein Zufall. Nach einem gemeinsamen, sehr unterhaltsamen Essen zu viert verabschiedeten sich Lissa und Anna, und Agnes und ich besuchten noch ein paar Bars auf der Haupt-Partystraße (auf der sich alle ganz grässlich mit meterhohen Absätzen und winzigen Röckchen aufgestylt hatten) und ein paar Seitenstraßen, gönnten uns den ein oder anderen Cocktail oder ein cerveza (das Arequepeña ist kein schlechtes Bier) und lauschten einer Liveband und Salsa- und Bachatarhythmen. Obwohl wir selbst kaum tanzten, machte es doch viel Spaß, den Peruanern beim Tanzen zuzusehen - teilweise wurden auch Volkstänze zu den latino-elektronischen Rhythmen getanzt, das kann man sich in keinem Club in Deutschland vorstellen.

 

Gestern lief ich dann wieder mal mit einer Free Walking Tour mit, die wirklich gut war. So erfuhr ich viele interessante Sachen - beispielsweise nimmt die Kathedrale nur deshalb eine gesamte Seite des Plaza de Armas ein und wirkt entsprechend so groß, weil ihre Seite zum Markt zeigt und nicht der Vordereingang. Bei dem letzten schweren Erdbeben in 2001 stürzte sogar ein Glockenturm herab. Kleinere Erdbeben (im Englischen und Spanischen gibt es, anders als im Deutschen, die Unterscheidung zwischen terramoto/earthquake und temblor) gibt es hier anscheinend fast jeden Tag, jedoch oft kaum spürbar - am Mittwoch zum Beispiel hat mir mein Spanischlehrer erzählt, dass der Donner am frühen Morgen ein temblor war. Weitere schöne Kirchen, wie die kleine Iglesia de la Compañí, bergen interessante Symbole in ihrer Fassade, die Elemente der indigenen wie auch spanisch-katholischen Kultur beinhalten. Diese lassen sich auch immer wieder in vielen Innenhöfen und Fassaden ehemaliger Kolonialgebäude finden. Ich erfuhr außerdem, dass die Brücke, über die ich jeden Morgen laufe, die älteste koloniale Brücke Arequipas ist. Durch viele prunkvolle Innenhöfe und versteckte, alte Viertel hindurch führte unser Guide uns auch zu einer großartigen Bio-Schokoladenfabrik, in der wir Schokolade und Tee aus den Schokoladenblättern probierten, alten Kolonialhäusern, die heute als Museum dienen, der Bibliothek zu Ehren Mario Vargas Llosas, einer kleinen Alpacafabrik, in der Lamas und Alpacas wohnen und man die Verarbeitung der Wolle verfolgen kann, bis hin zu einem der Clubs, in dem Agnes und ich am Vorabend auch kurz gewesen waren, auf dessen Terasse uns einmal mehr ein Pisco Sour-Shot serviert wurde, den wir mit dem grandiosen Trinkspruch "Arriba, abajo, al centro, al dentro" einhergehend mit entsprechenden Bewegungen tranken. Abends wollte ich mir ein Event mit Tänzen aus ganz Lateinamerika ansehen, doch leider verpasste ich es. Nach langem Hin und Her (ohne Internet ist die Kommunikation leider oft sehr schwierig) traf ich Agnes und Anna auf dem Plaza de Armas, die mit zwei Frauen aus Costa Rica unterwegs waren, die von einer Gruppe peruanischer Studenten in traditionellen Kostümen auf der Gitarre Lieder vorgespielt bekamen. Nach ein paar Liedern zogen wir alle zusammen los, drehten eine Runde um den Plaza de Armas, um einen betrunkenen Peruaner abzuhängen, der sich uns angeschlossen hatte, und zogen ins Museo del Pisco, wo wir nach kurzem Warten auch einen Platz bekamen - wir waren immerhin etwa 15 Leute. Doch nach einem kurzen Blick in die Karte erhoben wir uns alle wieder und zogen auf der Suche nach günstigeren Getränken ins Qochamama, wo ein Querschnitt durch musikalische Genres geboten wurde und wir zusammen tanzten, bis wir uns an einem schönen Platz mit Springbrunnen in einem alten Viertel Arequipas niederließen. Als Anna und die beiden Costa Ricanerinnen sich auf dem Weg in ihr Hostel machten, zogen Agnes und ich noch weiter und nochmal in eine der Bars in der Calle San Francisco, in der wir tags zuvor schon gewesen waren, und trafen dort Freunde von ihr. Diesmal war es deutlich voller und so kamen wir diesmal dazu, Salsa zu tanzen. Anders als in Deutschland tanzt man hier übrigens meist in Pärchen, aber hin und wieder auch in Grüppchen. Da ich durch eine nicht-touristische Gegend zum Haus meiner Gastfamilie laufe, nehme ich nachts meist ein Taxi - die Fahrt kostet nur etwa 1,30€, jedoch sollte man nicht einfach in irgendeines der vielen vorbeifahrenden Taxis steigen, da es in der Vergangenheit wohl negative Erfahrungen mit nicht-liszensierten Taxifahrern gab, sondern nach bestimmten Taxiunternehmen Ausschau halten, die sich als vertrauenswürdig herausgestellt haben. Außerdem sollte man immer vor dem Einsteigen den Fahrpreis verhandeln sowie die Währung - nicht, dass man am Ende der Fahrt statt 5 Soles auf einmal 5 US-Dollar zahlen soll.









Neben all diesen architektonischen Sehenswürdigkeiten und kulturellen Highlights ist Arequipa auch für seine kulinarische Seite bekannt, die Auswahl an Restaurants ist riesig und vielfältig hinsichtlich Küche und Preis. Einmal habe ich Pastel con acelgas, eine Art Spinatquiche, probiert, ein andermal waren Franziska und ich auf dem Markt San Camillo und haben Salteñas, eine bolivianische Art von Empanadas, gegessen und uns in einer der Saftstände einen frischen Saft pressen lassen - dabei habe ich die Frucht Chirimoya ausprobiert, die unglaublich lecker ist. Der Markt ist riesig und besteht aus eng beieinander stehenden Ständen, an denen die verschiedensten Gerichte gekocht werden, Früchte, Gemüse, Fisch und Fleisch angeboten werden (die riesigen Fleischberge und hängenden Fleischmengen sehen nicht nur eklig aus, sondern verursachen auch einen unangenehmen Geruch), sowie Blumen, Kleidung und und und. Das Dach des Marktes wurde sogar vom Erbauer des Eiffelturms gebaut. Außerdem habe ich die Schokolade von La Ibérica, einer Schokoladenfirma aus Arequipa, für mich entdeckt.
Im Cafe-Fez Istanbul waren die Falafel und der Hummus nicht umwerfend, aber im Ratatouille, das mir Agnes und Anna zeigten, gab es ein Mittagsmenü bestehend aus dem auf der Basis von Lila-Mais hergestellten, peruanischen Getränk Chica Morada, einer sehr guten Vorspeise und einem Hauptgericht, in meinem Fall eine Quiche und Ratatouille, für nur 8 Soles, etwa 2,20€. Mit Agnas, Anna und Lissa war ich außerdem im Zigaron, das deutlich gehobenere Preise verlangt, also circa 12€ für ein Hauptgericht, dafür aber peruanische Küche in einem schicken sillar-Gebäude mit Gewölbe und Buntglas ästhetisch angerichtet serviert. Dort habe ich auch - einmal wollte ich es probieren - Alpaka gegessen, angeboten mit Süßkartoffeln und frittiertem Yuca, auch Manioc genannt, sowieso Queso Helado, ein typischer Milcheis-Nachtisch in Arequipa, der mit Käseeis aber nichts zu tun hat, sondern lediglich entfernt so aussieht. Mit ein paar anderen Teilnehmenden der Free Walking Tour war ich im Chirca Dulce, dort wurde für nur 15 Soles ein ähnliches Menü wie im Ratatouille angeboten, diesmal entschied ich mich für eine Suppe und Ocopa arequipena, ein klassisches Gericht aus gekochten Kartoffeln mit Käse und einer gelben Sauce. Des Weiteren ist die Gemüse- und Früchteauswahl auf den Märkten und in den Supermärkten überwältigens - die sympatisch ungleichmäßig geformten Kiwis schmecken super, die Tuna roja, einer Kaktusfeige mit hübsch anzusehendem rotem Fruchtfleisch, sieht jedoch schöner aus als sie schmeckt.




 













Zum Abschluss noch eine witzige Gegebenheit: manchmal vernimmt man in Arequipa Musik. Zunächst dachte ich, jemand würde Klavier üben, beziehungsweise ein Handy klingeln. Doch Fabrizio klärte mich auf: die Musik macht die Müllabfuhr. Da das Piepen des vorbeifahrenden Wagens so anstrengend und nervig gewesen sei, hatte man sich entschlossen, Musik einzusetzen, um auf die herannahende Müllabfuhr aufmerksam zu machen - deswegen tönt oft Klaviermusik oder die Filmmusik von Arielle durch die Straßen.