Dienstag, 28. Juni 2016

An Originalschauplätzen aufgeführte Legenden und Inti Raymi, der Höhepunkt des Jahres in Cusco

Meine Zeit in Cusco geht rasant dem Ende zu, und im Verlauf dieser Woche habe ich gemerkt, dass das für mich auch absolut in Ordnung ist - obwohl ich hier vieles schätze und mag, finde ich die Stadt überaus anstrengend, weswegen ich nach dieser Woche meinen Freiwilligendienst beende und anfange zu reisen. Am Freitag war das Inti Raymi, das Sonnenfest, welches jährlich am 24. Juni stattfindet und mittlerweile ein absoluter Touristenmagnet geworden ist - die Preis steigen deutlich an, denn aus dem Rest Perus und aller Welt reisen Menschen an, um das Spektakel zu erleben, und so offenbarten sich die schönen ebenso wie die negativen Seiten der Stadt nochmals verstärkt. Doch zunächst begann die Woche ganz ruhig.
Nachmittags habe ich wieder mit den sechs- bis zwölfjährigen Kindern gearbeitet, die mich mittlerweile teils gern haben und gern haben, und mit Quatschmachen und Umarmungen versuchen, von ihren Aufgaben abzulenken, wie der kleine Leo oder Maria Angeles, oder aber gar nicht mehr auf mich hören und schreiend durch den Raum rennen, sobald ich mit ihnen alleine bin - wie ungefähr der Rest der Rasselbande. Schon nach wenigen Stunden fühlt man sich da ziemlich platt.

Am Dienstagvormittag haben Tania und ich uns ein zeremonielles Ritual angesehen, welches eigentlich die Aufführung einiger Schulklassen war. Beeindruckend war jedoch die Kulisse - nachdem wir zunächst frühmorgens über eine halbe Stunde nach San Jeronimo gefahren waren, machten wir dort irgendwann ein Collectivo ausfindig, das uns, als dieses bis auf den letzten Platz belegt war, fast 40 Minuten lang in Richtung Süden brachte, in einem straffen Tempo auf engen, kurvigen und unasphaltierten Serpentinen den Berg Wanakawri hinauf, und uns schließlich an einer Stelle aussteigen ließ, von der man nochmal 20 Minuten querfeldein den Berghang hinauflaufen musste.



Oben angekommen, auf über 4000 Metern, befanden wir uns auf einem der höchsten Punkte nahe der Stadt, in alle Himmelsrichtungen erstreckte sich das Tal, in das Cusco eingebettet lag, und in der Ferne waren schneebedeckte Andengipfel zu sehen - ein atemberaubender Anblick, insbesondere wenn ein Flugzeug durch diese Szenerie flog. Auf einem Hügel sitzend, betrachteten wir zwei Stunden lang das Schauspiel der Kinder, die um die auf dem Berggipfel liegenden Inka-Ruinen eine Legende nacherzählten, deren Schauplatz der Berg war, auf dem wir uns befanden, begleitet von traditioneller Musik, Tänzen und aufwendigen Kostümen. Da die Akustik trotz Verstärkung schlecht war und der Großteil in Quechua gesprochen wurde, verstand ich nicht viel, genoss aber die originale Kulisse der Legende, die Aussicht und vor allem die Stimmung. Außer uns beiden waren hauptsächlich Eltern der Schulkinder und viele Verkäufer anwesend, und das rege Treiben, ständige Verkaufen und dabei ruhige Warten auf diesem isolierten Berggipfel gefiel mir und machte dieses Erlebnis besonders. Leider erschien hinterher unser Collectivo lange nicht, doch eine Familie nahm uns zum Glück wieder mit hinunter nach San Jeronimo.






Ansonsten habe ich diese Woche sehr viel mit Sara und Timm unternommen - am Montag waren wir im Greenpoint, dem vegetarischen Gringo-Restaurant essen, am Mittwoch wollten wir zum Templo de la Luna laufen, doch da es Sara nicht gut ging, suchten Timm und ich alleine den Weg, der uns dank einiger, sicherlich unabsichtlicher Falschaussagen in einem ziemlichen Umweg an Sacsayhuaman und Q'enko vorbei nach über einer Stunde zum Templo de la Luna führte, ein natürlicher Tempel aus einem großen Felsen mit eingehauenen Sitzen und unterirdischen Gängen, wunderbarem Ausblick in die Landschaft und großer Ruhe. Die gegenüberliegenden Ruinen durften wir nicht ansehen, da uns zwei Männer, die uns entgegenkamen, baten, die vor sich gehende Zeremonie nicht zu stören, die sie offensichtlich initiiert hatten. So kehrten wir um und fanden, wie so oft, auf dem Rückweg den eigentlichen, direkten und schönen Weg, ein von den Inka angelegter, breiter Weg an Feldern vorbei und durch den Wald hindurch. Da es Sara nach unserer Rückkehr nicht besser ging, suchte ich mir alleine einen Ort zum Mittagessen und fand im Viktor Viktoria ein üppiges Mittagsmenü für 18 Soles, das aus frischem Salat vom Buffet, einem Thunfischsalat als Vorspeise, einer Kürbiscreme als Hauptspeise und einem Pudding als Nachspeise bestand.








Den Donnerstagvormittag verbrachte ich sehr ruhig, schlenderte mittags durch den San Pedro Markt und probierte bei einem der vielen kleinen Marktstände Lomo Saltado, ein weiterer Klassiker der peruanischen Küche. Die Plätze waren bereits voller Markt- und Spielstände und die Stadt deutlich voller, doch als ich abends aus San Jeronimo zurückkam, fuhr mein Bus nicht mal mehr in den Stadtkern, da um den Plaza de Armas und die Avenida El Sol alles abgesperrt war für einen weiteren Umzug.



Ich war mittlerweile übersättigt und konnte keinen weiteren Umzug mehr sehen - in der vergangenen Woche hatte jeden Tag einer stattgefunden, und leider unterschieden sich die Paraden auch nicht voneinander. Nach Instituten, Bezirken oder anderen Kriterien geordnet liefen in einheitliche Kostüme und manchmal auch Masken gehüllte Menschen zur Musik ihrer eigenen Band, die die wirklich immer gleichen Melodien spielten, an Menschenmassen entlang. That's it. Doch an diesem Donnerstagabend waren die Straßen zum Zerbersten voll, auch außerhalb dem Umzugs wurde Musik gespielt, und die Anzahl der Verkäufer von Maybe-Alpaka-Textilien, Anticuchos, den traditionellen Fleischspießen vom Grill, und Süßigkeiten wie Zuckerwatte, glasierten Äpfeln oder Churros hatte sich gefühlt proportional zu den Zuschauern vervielfacht. Ich war froh, dass am nächsten Tag nun endlich bevorstand, worauf sich ganz Cusco seit Wochen vorzubereiten schien und kontinuierlich daraufhin feierte: das Fest Cuscos, Inti Raymi.






Inti Raymi war das Fest der Inka, an dem sie die Sonnenwende feierten, in dem sie dem Sonnengott Opfer erbrachten und weitere Rituale und Zeremonien vollzogen. Bis heute wird dieses Fest gefeiert, doch die Auswirkungen des Tourismus sind stark zu spüren - bis vor wenigen Jahren war das Fest ein Fest von und für die Menschen Cuscos, die Bevölkerung gestalteten und liefen den gesamten Umzug mit. Im Laufe der Jahre wurde der Show-Charakter stärker, profesionelle Schauspieler wurden eingesetzt, deren Anzahl jährlich ansteigt, und ein Begleiten des Umzugs ist nicht mehr möglich, stattdessen muss man sich Stunden vorher entscheiden, an welchem Schauplatz man das Inti Raymi verfolgen möchte. Sacsayhuaman ist nun weitläufig abgesperrt, und Plätze auf den Tribünen, von denen man das Schauspiel verfolgen kann, kosten etwa 150$ - ein Preis, den sich die meisten Peruaner schlicht nicht leisten können.
Trotz dieser Umstände beschlossen Sara, Timm, Angelika und ich, uns dieses Ereignis anzusehen, und hatten vereinbart, uns eine Stunde vor Beginn des Spektakels einen Platz zu suchen. Am ehemaligen Haupttempel der Inka, dem Qorikancha, sollte das Fest um 9 Uhr beginnen, gegen 11 Uhr am Plaza de Armas weitergehen und gegen halb 2 in Sacsayhuaman seinen Höhepunkt finden. Bereits eine Stunde vor Beginn war die Gegend um den Sonnentempel voller Menschen, und wir schnappten auf, dass die besten Plätze auf der Avenida El Sol seit 4 Uhr morgens besetzt waren. Angelikas Gastmutter, dessen Schwester und ein weiterer Deutscher waren auch mitgekommen, und gemeinsam suchten wir uns Plätze, die uns einen seitlichen Blick auf den Qorikancha erlaubten, jedoch kaum auf die Wiese davor. Angelikas Gastmutter versicherte uns, so würden wir den Inkakönig und den Umzug besser sehen, und dem war auch so - das Gelände füllte sich nach und nach mit hunderten als Soldaten verkleideten Schauspielern, die zu den traditionellen Rhythmen Choreografien und Formatierungen tanzten, die wir kaum sahen, doch den Schamanen, die Hohepriester und den Inkakönig konnten wir deutlich beobachten. Nach einer Stunde zogen alle Schauspieler in einem Umzug Richtung Plaza de Armas, und die Frau des Inkakönigs sowie dieser selbst wurden in ihrem jeweiligen Thron getragen. Beeindruckend war dieser erste Part zweifelsohne, doch die Menschenmassen waren schier unglaublich. Zwischendurch wurde ein Dieb gefasst, der einen Rucksack klauen wollte, und vor lauter Sonnenhüten und Selfiesticks konnte man kaum gescheite Fotos machen.






Den Plaza de Armas sparten wir uns, da dieser am überfülltesten sein sollte. Stattdessen liefen wir gemütlich nach Sacsayhuaman hinauf, wo die Menschen bereits in Scharen hineinströmten - überrascht, dass das Betreten der Anlage möglich war, folgten wir ihnen und bekamen mit, dass zwei Hügel in der Anlage zu natürlichen Tribunen ernannt worden war, in denen man kostenlos die Show betrachten konnte, die auf dem großen Platz in der Mitte stattfand. Über zwei Stunden harrten wir auf dem Hügel aus, auf dem jeder Zentimeter belegt war, und auf dem eine explosive Stimmung herrschte: sobald jemand aus den vorderen Reihen aufstand, was dazu führte, dass alle dahinter Sitzenden nichts mehr sahen, wurde laut gebuht und geschrien, und wenn diese Maßnahmen wirkungslos blieben, flogen Popcorn, Chips, Orangenschalen und ganze Mülltüten auf die Übeltäter. Als das Horn ertönte und die Schauspieler einmarschierten, entstand innerhalb von Sekunden eine seltsame, aber interessante Gruppendynamik: in den vordersten Reihen erhoben sich die Zuschauer, und nun stand nach und nach der gesamte Hügel auf und alle Menschen strömten nach vorne. Wir versuchten, uns oben zu halten, um unsere Sicht zu verbessern, und sahen so zumindest den hinteren Teil des Platzes. Da der Inkakönig im vorderen Teil saß, verpassten wir die gesamten Opferungsgaben, konnten nur durch Kamerazoom erkennen, ob das Lama tatsächlich geschlachtet werden würde (was nicht der Fall war) und waren insgesamt überrascht, wie statisch und ruhig das über zwei Stunden andauernde Programm verlief - erstaunlich unspektakulär, und nachdem die Sonne hinter einer Wolke verschwand, sehr kalt. Die Stimmung war mit der auf einem Volksfest vergleichbar - so angespannt und feierlich vor Beginn der Zeremonie, so unaufmerksam und hektisch war sie nun geworden. Nachdem sich die Menge auflöste, wurde aber vor allem das Ausmaß des Mülls sichtbar, der hinterlassen worden war. Die ganze Zeit hatte uns schockiert, dass sämtliche Zuschauer absichtlich ihren Müll hatten liegen lassen, doch der Anblick des tatsächlichen Ausmaßes nach Ende der Zeremonie war bitter: Plastikflaschen, gefüllte Mülltüten, Plastikbesteck, leeren Konserven- und Bierdosen, Papiertaschentücher und Kartons, alles lag auf dem Boden. Schon nach einer Stunde hatten sich die vorher so rappelvollen Hügel geleert, auch die teuer erkauften Tribünenplätze leerten sich bereits vor Ende der Aufführung, und während des Auszugs aller Schauspieler liefen viele Zuschauer bereits über den Platz. Dafür dass das Inti Raymi so angepriesen und gehypt worden war, waren wir alle nahezu enttäuscht von der Unaufmerksamkeit der Zuschauer und Langweiligkeit der Darstellung selbst, auch wenn wir trotzdem einen sehr schönen Tag hatten.






Der Weg durch die Ruinen zurück und die Stufen hinunter nach San Blas verzögerte sich lange, da die Menschenmassen sich massiv stauten, und es war nach 17 Uhr, als wir endlich wieder im Zentrum waren. Ich hatte gehofft, nach acht Stunden Rundumbeschallung und Eindrücken jeglicher Art, wäre nun endlich Ruhe eingekehrt. Doch dem war nicht so, die durchdringenden, langen Pfiffe der Verkehrspolizisten mischten sich mit dem kontinuierlichen Hupen der Fahrzeuge, Massage-Angeboten und lauter Musik aus den Lautsprechern der Straßenstände, aus denen unter anderem die schrillen Flötenklänge erklangen, die ich nicht mehr ertragen konnte, die Straßen waren voller Menschen und voller Müll, an den Straßenecken roch es nach Urin und altem Fisch. In diesem Moment war mir das endgültig zu viel, ich wollte einfach gerne ein paar reizlose Momente und Ruhe. Für Angelika lohnte es sich nicht nach Hause zu gehen, da wir um 19 Uhr mit Barbara verabredet waren, der Frau, die sich in der Casa Mantay engangiert und mich dort vorgestellt hat und Gründungsmitglied des deutschen Unterstützervereins ist, also überbrückten wir bei mir die Zeit und waren pünktlich am vereinbarten Treffpunkt, wurden fälschlicherweise für Mutter und Tochter gehalten, warteten eine halbe Stunde und fingen dann an, Angelikas Handy in Restaurants rund um den Plaza de Armas mit WLAN verbinden zu wollen, was leider nicht funktioniete, wodurch ich meine Mails nicht lesen konnte und nicht überprüfen konnte, ob mir Barbara nicht vielleicht noch abgesagt hatte. Ein letztes Mal liefen wir zum vereinbarten Treffpunkt - da lief uns auf einmal Barbara mit einer anderen Frau entgegen. Wir liefen auf sie zu, und sie starrte uns sekundenlang wie Gespenster an, bevor sie die Hände vor dem Gesicht zusammenschlug und rief: "Ich habe euch vergessen." Zumindest löste sich so, warum sie uns so lange hatte warten lassen, aber die Gunst der Stunde nutzend, dass wir uns in einer Stadt wie Cusco trotzdem zufällig über den Weg gelaufen waren, gingen wir beim Lieblingsitaliener der beiden anderen Frauen essen, dessen Besitzer Italiener war und jahrelang in Hamburg gelebt hatte. Die Pizzas waren klasse, aber auch relativ teuer, und da Angelika und ich uns nur eine geteilt hatten, verließ ich noch leicht hungrig das Restaurant. Der Abend war insgesamt sehr nett gewesen, doch eine Wendung des Gesprächs, in der es um Heilkunde, Homöopathie, Selbstheilung auch schwerer Krankheiten und Systemfehler im deutschen Gesundheitssystem ging, hatte mich irritiert und verunsichert zurückgelassen, insofern war ich froh, noch bei Sara und Timm vorbeilaufen zu können, die zum Glück noch wach waren und mit denen ich im Limbus bei leckeren Cocktails und Blick auf das nächtliche Cusco die Thematik nochmals aufgreifen und diskutieren konnte. Auf dem Weg zurück war mir abermals passiert, was mein Ekelempfinden extrem strapaziert und mich ungemein aufregt: ein Mann hatte direkt vor mir auf dem Bürgersteig an eine Häuserwand gepinkelt und die Dreistigkeit besessen, mich sogar währenddessen anzusprechen. Einen trotzdem guten Abschluss des Abends hatte ich dank einer Frau, die trotz der fortgeschrittenen nächtlichen Stunde noch ihre Töpfe und Gaskocher auf der Straße aufgebaut hatte und mir ein Spiegelei mit Reis und Pommes zubereitete.



Den Rest des Wochenendes verbrachte ich relativ ruhig mit ein paar Notwendigkeiten wie Aufräumen und Handwäsche meiner Maybe-Alpaka-Besitztümer. Samstagabends gingen Sara, Timm und ich essen, hatten aber leider das Pech, mit drei anderen Gästen das Ein-Mann-Lokal zu betreten, dessen Koch mit dieser Situation heillos überfordert war - nachdem die ersten drei Gäste nach anderthalb Stunden bezahlt hatten, bekamen wir unsere Getränke. Nach drei Stunden nutzte der Koch Slow Food als Ausrede für die maßlos überzogene Zubereitungszeit, doch seine Desorganisation entschuldigte das nicht. Das Essen war fabelhaft - Palta a la reina, also gefüllte Avocado, und Quinoa mit Gemüse - jedoch waren die Portionen unangemessen klein, sodass wir uns in Jack's Café, wie der Name schon sagt ein weiteres Gringo-Café in San Blas, noch ein Dessert gönnten, um satt zu werden. Am Sonntag traf ich mich mit Alvaro, einem weiteren Couchsurfing-Freund, und wir fuhren auf seinem Motorrad auf den Markt von Wanchaq, einem Viertel in Cusco, um die Zutaten für unser Mittagessen einzukaufen. Wir kochten Aji de Gallina, dazu gab es selbstangesetzte Chicha Morada, und nach unserem gut gelungenen Essen sahen wir uns noch Das Leben ist schön auf Spanisch an, wodurch auch der Sonntag sehr gemütlich zu Ende ging.





Freitag, 24. Juni 2016

Wie Cusco sich feiert und ich mal wieder im Heiligen Tal nach Ruhe suchte

Den Samstagvormittag verbrachte ich damit, in Ruhe durch die ruhigen Kopfsteinpflastergassen des Künsterviertels San Blas zu schlendern und dabei den samstäglichen Kunsthandwerkmarkt zu entdecken, die vielen wunderbaren Lädchen, die Handgemachtes, Selbstgeschneidertes und Wiederverwendetes verkaufen, so auch der neue kleine Laden des Taller Mantay, der Kunsthandwerkstatt der Casa Mantay, sowie die kleinen Cafés und Restaurants, die oft sehr westlich angehaucht sind, dafür aber sehr gemütlich und neben Sandwiches mit leckeren Soßen oder Lemonpie richtigen Café anbieten - eine echte Seltenheit, denn obwohl Peru seinen Kaffee weltweit exportiert, trinken die meisten Peruaner Instantkaffee oder Café Pasado, meines Wissens Kaffee-Essenz, die mit heißem Wasser aufgefüllt wird.





Mit meinem Kombiticket für den Circuito Religioso sah ich mir die beiden darin noch enthaltenen Kirchen an: zunächst die Kirche in San Blas, die erste Kirche Cuscos, bewusst auf einem Hügel erbaut, um sinnbildlich zur Kirche heraufsteigen zu müssen, von Ratzinger als sein Peru-Highlight beschrieben und eine Kanzel berherbergend, die unglaublich fein geschnitzt ist und als eine der schönsten Schnitzarbeiten Südamerikas gilt. Über steile Straßen und Stufen lief ich danach zur Kirche San Cristóbal, von der aus ich einen schönen Blick über die Innenstadt Cuscos hatte und in der in diesem Moment eine Hochzeit stattfand.



Am Abend traf ich mich mit Tania, eine meiner Freundinnen, die ich über couchsurfing gefunden hatte, und gemeinsam sahen wir uns ein Fest auf dem Plaza de Armas an. Da mir zwischendurch etwas schlecht war, verließen wir das Gedränge direkt vor der Bühne, liefen gegen den zunehmenden Menschenstrom an dem Templo de La Merced vorbei und ließen uns einen Blick hinein nicht entgehen, denn auch in dieser prächtigen Kirche fand soeben eine Hochzeit statt. Der Weg zur Plaza San Francisco war von großen Skulpturen einer Kunsthochschule gesäumt, und als wir wieder zurück zum Plaza de Armas laufen wollten, war dieser so voll, dass ein Vorankommen kaum noch möglich war.




Nachdem zwei Bands peruanische Pop-Klassiker, aktuelle südamerikanische Hits und elektronisch angereicherten Huayno, die klassische Musik des Andenhochlands, zum Besten gegeben hatten, begleitet von traditionell gekleideten Tänzern, gingen die Lichter aus und ein grandioses Feuerwerk, von Musik untermalt, begeisterte die Massen. Anschließend verstummte die Musik, die Lichter blieben aus, und auf einmal klangen Glockenklänge aus Lautsprechern, Bässe und elektronische Musik setzten ein und der Platz, die Kathedrale und der Templo de la Compañía de Jesús wurden in bunten Farben angestrahlt und eine fulminante Lichtshow begann. Danach spielte eine weitere peruanische Band mit dem Sinfonieorchester gemeinsam auf der Bühne, und wir versuchten, unseren Standort zu wechseln. Das Gedränge wurde nun unangenehm, wir waren gezwungen, mit der Masse zu laufen oder uns in die Menge zu pressen, und versuchten beide ruhig zu bleiben. Nach einiger Zeit hatten die Massen sich verteilt und wir konnten wieder frei laufen. Im El Duende ließen wir bei einem Té Macho und später bei einem mitternächtlichen Falafel den Abend ausklingen, und durch die immer noch von Feiernden und Essensständen gefüllten Straßen lief ich nach Hause.






Sonntagsmorgens traf ich mich mit Angelika und wir nahmen ein Collectivo nach Chinchero. Im Bus frühstückte ich mein leckeres Käse-Spiegelei-Sandwich, und nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichten wir bereits das kleine Dorf, das mir vor wenigen Wochen schon gut gefallen hatte. Zunächst schlenderten wir ausgiebig über den Sonntagsmarkt, da der Himmel noch grau und trist war. Auch dieser Markt war laut und touristisch, und nichts konnte man sich auch nur eine Sekunde ansehen, ohne direkt zum Kauf gedrängt zu werden, doch die Stände waren einfacher gehalten und die Farben und Muster weniger grell und einzigartiger als in Pisac oder Cusco. Gerade erzählte ich Angelika, dass ich bei den Ruinen vor zwei Wochen eine sehr liebe Marktfrau kennen gelernt hatte, aber leider nicht genug Bargeld dabei gehabt hatte, um ihr etwas abzukaufen, da rief auf einmal jemand "Hola, amiga Sarah!" - ich drehte mich suchend um, und zwei Reihen entfernt winkte mir tatsächlich die besagte Marktfrau zu, die mich nach zwei Wochen namentlich wiedererkannt hatte. Ungläubig und erfreut liefen wir zu ihr, und ich kaufte mir einen Schal, Handschuhe und ein kleines Täschchen. Von den Farben, der erkennbaren Handarbeit und dem für Chinchero typischen Muster angetan, fand ich noch ein weiteres kleines Täschchen, eine Bauchtasche und ein gewebtes Haarband.



Danach machten wir uns auf dem Weg zu der Lagune Puray und nach etwa einer Stunde setzten wir uns abseits des Weges an den Rand der Felder und schauten auf die Lagune, die sich groß und ruhig im Tal erstreckte und in wunderschönen Blau- und Türkistönen erstrahlte. Auf dem Rückweg unterhielten wir uns gerade noch über die negativen Begleiterscheinungen des so schnell angestiegenen Tourismus in der Region, als ein Mann, den ich nach dem Weg fragte, mir als Antwort die offene Hand entgegenhielt und ein Trinkgeld verlangte. Zurück im Zentrum kaufte ich mir an einem kleinen Stand Choclo con queso und gegen 15.30 Uhr machten sich Angelika und ich wieder auf den Rückweg nach Cusco, der 2 Soles weniger als der Hinweg kostete - von richtungsbedingten Preisabweichungen hatte ich vorher schon gehört. Da es mittlerweile zu spät war, entschied ich mich dagegen, zum halbjährlichen Kindergeburtstag in der Casa Mantay vorbeizuschauen, bei dem alle Kinder Geburtstag feierten, die von Januar bis Juni Geburtstag gehabt hatten. Stattdessen freute ich mich, dass Sara und Timm von ihrem Trip in den Regenwald in den Manu-Nationalpark wieder zurück waren, und mir in dem schicken Lokal A mi manera bei einem fantastischen Essen - Forelle mit Süßkartoffelbrei und eine Quinoa-Creme Catalana sowie hausgemachte Zitronen-Minze-Kokos-Limonade - von ihren Abenteuern berichteten. (Bilder vom Essen folgen, wenn mir Timm diese gesendet hat, denn meine Kamera hat für ein paar Momente gesponnen.)