Freitag, 24. Juni 2016

Wie Cusco sich feiert und ich mal wieder im Heiligen Tal nach Ruhe suchte

Den Samstagvormittag verbrachte ich damit, in Ruhe durch die ruhigen Kopfsteinpflastergassen des Künsterviertels San Blas zu schlendern und dabei den samstäglichen Kunsthandwerkmarkt zu entdecken, die vielen wunderbaren Lädchen, die Handgemachtes, Selbstgeschneidertes und Wiederverwendetes verkaufen, so auch der neue kleine Laden des Taller Mantay, der Kunsthandwerkstatt der Casa Mantay, sowie die kleinen Cafés und Restaurants, die oft sehr westlich angehaucht sind, dafür aber sehr gemütlich und neben Sandwiches mit leckeren Soßen oder Lemonpie richtigen Café anbieten - eine echte Seltenheit, denn obwohl Peru seinen Kaffee weltweit exportiert, trinken die meisten Peruaner Instantkaffee oder Café Pasado, meines Wissens Kaffee-Essenz, die mit heißem Wasser aufgefüllt wird.





Mit meinem Kombiticket für den Circuito Religioso sah ich mir die beiden darin noch enthaltenen Kirchen an: zunächst die Kirche in San Blas, die erste Kirche Cuscos, bewusst auf einem Hügel erbaut, um sinnbildlich zur Kirche heraufsteigen zu müssen, von Ratzinger als sein Peru-Highlight beschrieben und eine Kanzel berherbergend, die unglaublich fein geschnitzt ist und als eine der schönsten Schnitzarbeiten Südamerikas gilt. Über steile Straßen und Stufen lief ich danach zur Kirche San Cristóbal, von der aus ich einen schönen Blick über die Innenstadt Cuscos hatte und in der in diesem Moment eine Hochzeit stattfand.



Am Abend traf ich mich mit Tania, eine meiner Freundinnen, die ich über couchsurfing gefunden hatte, und gemeinsam sahen wir uns ein Fest auf dem Plaza de Armas an. Da mir zwischendurch etwas schlecht war, verließen wir das Gedränge direkt vor der Bühne, liefen gegen den zunehmenden Menschenstrom an dem Templo de La Merced vorbei und ließen uns einen Blick hinein nicht entgehen, denn auch in dieser prächtigen Kirche fand soeben eine Hochzeit statt. Der Weg zur Plaza San Francisco war von großen Skulpturen einer Kunsthochschule gesäumt, und als wir wieder zurück zum Plaza de Armas laufen wollten, war dieser so voll, dass ein Vorankommen kaum noch möglich war.




Nachdem zwei Bands peruanische Pop-Klassiker, aktuelle südamerikanische Hits und elektronisch angereicherten Huayno, die klassische Musik des Andenhochlands, zum Besten gegeben hatten, begleitet von traditionell gekleideten Tänzern, gingen die Lichter aus und ein grandioses Feuerwerk, von Musik untermalt, begeisterte die Massen. Anschließend verstummte die Musik, die Lichter blieben aus, und auf einmal klangen Glockenklänge aus Lautsprechern, Bässe und elektronische Musik setzten ein und der Platz, die Kathedrale und der Templo de la Compañía de Jesús wurden in bunten Farben angestrahlt und eine fulminante Lichtshow begann. Danach spielte eine weitere peruanische Band mit dem Sinfonieorchester gemeinsam auf der Bühne, und wir versuchten, unseren Standort zu wechseln. Das Gedränge wurde nun unangenehm, wir waren gezwungen, mit der Masse zu laufen oder uns in die Menge zu pressen, und versuchten beide ruhig zu bleiben. Nach einiger Zeit hatten die Massen sich verteilt und wir konnten wieder frei laufen. Im El Duende ließen wir bei einem Té Macho und später bei einem mitternächtlichen Falafel den Abend ausklingen, und durch die immer noch von Feiernden und Essensständen gefüllten Straßen lief ich nach Hause.






Sonntagsmorgens traf ich mich mit Angelika und wir nahmen ein Collectivo nach Chinchero. Im Bus frühstückte ich mein leckeres Käse-Spiegelei-Sandwich, und nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichten wir bereits das kleine Dorf, das mir vor wenigen Wochen schon gut gefallen hatte. Zunächst schlenderten wir ausgiebig über den Sonntagsmarkt, da der Himmel noch grau und trist war. Auch dieser Markt war laut und touristisch, und nichts konnte man sich auch nur eine Sekunde ansehen, ohne direkt zum Kauf gedrängt zu werden, doch die Stände waren einfacher gehalten und die Farben und Muster weniger grell und einzigartiger als in Pisac oder Cusco. Gerade erzählte ich Angelika, dass ich bei den Ruinen vor zwei Wochen eine sehr liebe Marktfrau kennen gelernt hatte, aber leider nicht genug Bargeld dabei gehabt hatte, um ihr etwas abzukaufen, da rief auf einmal jemand "Hola, amiga Sarah!" - ich drehte mich suchend um, und zwei Reihen entfernt winkte mir tatsächlich die besagte Marktfrau zu, die mich nach zwei Wochen namentlich wiedererkannt hatte. Ungläubig und erfreut liefen wir zu ihr, und ich kaufte mir einen Schal, Handschuhe und ein kleines Täschchen. Von den Farben, der erkennbaren Handarbeit und dem für Chinchero typischen Muster angetan, fand ich noch ein weiteres kleines Täschchen, eine Bauchtasche und ein gewebtes Haarband.



Danach machten wir uns auf dem Weg zu der Lagune Puray und nach etwa einer Stunde setzten wir uns abseits des Weges an den Rand der Felder und schauten auf die Lagune, die sich groß und ruhig im Tal erstreckte und in wunderschönen Blau- und Türkistönen erstrahlte. Auf dem Rückweg unterhielten wir uns gerade noch über die negativen Begleiterscheinungen des so schnell angestiegenen Tourismus in der Region, als ein Mann, den ich nach dem Weg fragte, mir als Antwort die offene Hand entgegenhielt und ein Trinkgeld verlangte. Zurück im Zentrum kaufte ich mir an einem kleinen Stand Choclo con queso und gegen 15.30 Uhr machten sich Angelika und ich wieder auf den Rückweg nach Cusco, der 2 Soles weniger als der Hinweg kostete - von richtungsbedingten Preisabweichungen hatte ich vorher schon gehört. Da es mittlerweile zu spät war, entschied ich mich dagegen, zum halbjährlichen Kindergeburtstag in der Casa Mantay vorbeizuschauen, bei dem alle Kinder Geburtstag feierten, die von Januar bis Juni Geburtstag gehabt hatten. Stattdessen freute ich mich, dass Sara und Timm von ihrem Trip in den Regenwald in den Manu-Nationalpark wieder zurück waren, und mir in dem schicken Lokal A mi manera bei einem fantastischen Essen - Forelle mit Süßkartoffelbrei und eine Quinoa-Creme Catalana sowie hausgemachte Zitronen-Minze-Kokos-Limonade - von ihren Abenteuern berichteten. (Bilder vom Essen folgen, wenn mir Timm diese gesendet hat, denn meine Kamera hat für ein paar Momente gesponnen.)



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