Dienstag, 21. Juni 2016

Ein weiteres Wochenende im Heiligen Tal und schöne Bekanntschaften

Am folgenden Samstagmorgen (mittlerweile hänge ich über eine Woche zurück, sorry) entschied ich mich, eine kurze Runde durch das Museo Historico Natural zu drehen, dessen Eintritt auch im Boleto Turistico enthalten war. Viel Neues lernte ich dabei zwar nicht, doch als Gesamtüberblick über die peruanische Geschichte fasste es nochmal auf gut gemachte Art und Weise zusammen, was ich bisher aus meinen Ruinen- und Museumsbesuchen mitgenommen hatte. Gegen Mittag machte ich mich dann auf den Weg, um ein Collectivo nach Ollantaytambo zu nehmen, und glücklicherweise war eines bis auf einen freien Sitz gefüllt und machte sich entsprechend sofort auf den Weg. Diesmal saß ich direkt neben dem Fahrer und konnte mich mit ihm und einem peruanischen Kletterguide, der auf einer deutschen Schule und auch einmal in Deutschland gewesen war, unterhalten. Am frühen Nachmittag kam ich in dem kleinen Dörfchen Ollantaytambo an, das als einziges Dorf noch wie zu Inkazeiten bewohnt wird, was sich insbesondere durch alte Mauern und enge Gassen widerspiegelt. Ich besorgte mir im Touristenbüro eine Karte, fand ein kleines Lokal mit einem Mittagsmenü für 6 Soles und ein Hostel mit grünem Innenhof, in dem ich für 20 Soles ein Bett in einem Dorm bekam. Mein erster Weg führte mich zu den Hauptruinen in Ollantaytambo, die ebenfalls nur mit Boleto Turistico zu besichtigen sind. Schon von Weitem erkannte ich, dass ich diesmal weniger Glück haben würde - die Ruinen waren voller Besucher. Eindrucksvoll erstreckte sich die Stätte, in der die Spanier damals tatsächlich mal eine Schlacht verloren hatten, an einem Berghang entlang, über steile Terrassen führte ein Weg hinauf zu dem ehemals militärischen Lager und angrenzendem Tempel. Große Touristenbusse bretterten die alten Straßen entlang und entluden ihre Insassen gefühlt im Minutentakt, die alle die gleiche Tour begingen - wodurch ein Besichtigen in entgegengesetzter Richtung zur Herausforderung wurde und teilweise dazu führte, dass ich warten musste, bis dreißig andere Menschen einen schmalen Weg passierten, bevor ich selbst weiterlaufen konnte.





An der Hauptstraße entlang lief ich zur sogenannten Inkabrücke, deren Fundamente lediglich vermuten ließen, dass diese hässliche Brücke wohl schon zu Inkazeiten existiert hatte, und entschied mich aufgrund der fortschreitenden Zeit, statt den gegenüberliegenden Berg hinauf wieder entlang des Flussen zurückzulaufen und eine weitere Ruine, Quello Raqay, ausfindig zu machen. Leider erstreckten sich lange Zeit nur meterhoch die Terrassen neben mir, also entschloss ich, diese heraufzuklettern, und über Staub, Müll und Pflanzen hinweg und an Kühen vorbei erreichte ich die alten Mauern, inmitten bewirtschafteter Felder gelegen.





Den Weg zurück verfehlte ich abermals und lief mal wieder querfeldein über Grundstücke und Felder, schaffte es aber letztendlich, bei Anbruch der Dunkelheit den Stadtkern zu erreichen. Im Living Hearts, einem typischen Gringo-Restaurant, wie ich diese Orte mittlerweile nenne, gefiel mir die Atmosphäre aus ruhigen Gesprächen und unaufdringlicher Musik, gepaart mit leckerem Essen und der Tatsache, dass die Einnahmen soziale Projekte im Heiligen Tal unterstützen, also blieb ich. Da ich noch nie erwähnt habe, was Gringos sind: ursprünglich als Slangbegriff für englischsprachige Ausländer, vor allem US-Amerikaner, verwendet, nennen die Peruaner liebevoll sämtliche westlichen Ausländer so. Der Abend war noch jung, und ich hätte Lust gehabt, noch etwas zu unternehmen, wusste aber nicht wo und mit wem. Also entschied ich mich zunächst, sitzen zu bleiben, und da ich keine Möglichkeit hatte, vor meinem Smartphone zu sitzen, nutzte ich die Zeit irgendwann, um meine mir in den letzten Tagen im Kopf herumschwirrenden Gedanken zu fassen und aufzuschreiben - und machte so kurzerhand einen kleinen Selbstfindungstrip aus meinem Ausflug. In den letzten Tagen hatte ich mich manchmal einsam gefühlt, gleichzeitig aber keine Lust gehabt, die typischen und schnell oberflächlichen, wenn auch nützlichen, Backpacker-Gespräche mit anderen Reisenden zu führen. Ein wenig hatte ich mir auch selbst im Weg gestanden, da ich oft das Gefühl gehabt hatte, meine Zeit anders verbringen und nutzen zu müssen, obwohl ich selbst mit dem Alleinsein und den ruhigeren Tagen eigentlich sehr zufrieden gewesen war. Kurzerhand entschloss ich, mir zu beweisen, dass ich nicht allein sein musste, wenn ich nicht wollte, und hielt Ausschau nach Menschen, denen ich mich anschließen könnte, doch die vielen Pärchen oder große Gruppen wollte ich dann doch nicht ansprechen. Während ich ein Buch las, fiel mir eine andere Alleinreisende auf, und als wir beide bezahlt hatten, fragte ich sie geradeheraus, ob sie auch alleine reise und ob sie nicht wüsste, wo man noch was unternehmen könnte, und direkt schlug die Amerikanerin mir vor, eine nahegelegene Bar gemeinsam zu besuchen. Als wir davor standen, fragte uns ein ebenfalls Alleinreisender aus Mexiko, ob wir auch alleine sein, und da die angepeilte Bar absolut leer war, suchten und fanden wir eine andere Kneipe direkt am Plaza de Armas und führten schnell wirklich interessante und angeregte Gespräche über die Geschichte Münsters, die der Mexikaner erstaunlich gut kannte, und aktuelle politische Themen. Zur Verabschiedung fiel uns dann ein, uns namentlich vorzustellen, und zufrieden gingen Noel, Samantha und ich wieder unserer Wege - wobei ich nochmal umdrehte und zumindest Noel noch erwischte, um Kontaktdaten auszutauschen. Diesmal war im Hostel eines der fünf weiteren Betten belegt, doch mein temporärer Mitbewohner schlief bereits, als ich ins Zimmer kam und verließ das Hostel noch bevor ich aufwachte - wahrscheinlich wie viele auf dem Weg nach Macchu Picchu.

Ich lief nach einem Frühstück im Living Hearts zunächst die steilen Stufen bis zu einer weiteren Ruine hinauf, die ich nach fünfzehn Minuten erreichte und von dort einen tollen Blick auf Ollanta, die Hauptruinen und das Tal hatte. Pinkkuylluna ist von den Hauptruinen gut zu erkennen, da diese ehemaligen Vorratsspeicher der Inka auf dem gegenüberliegenden Berghang liegen.




Danach machte ich mich auf dem Weg nach Pumamarka. In meiner Karte war lediglich der Beginn des Weges eingezeichnet mit dem Hinweis, das diese Ruine sieben Kilometer entfernt läge. Auf dem Weg durch die dünner besiedelte Gegend erfragte ich den Weg, und fand mich auf einer asphaltierten Straße wieder, die am Fluss entlang ins Grüne führte und sich zwischen den Bergen entlangschlängelte. Verwundert dachte ich, dass dieser sogenannte Wanderweg ja nun nicht wirklich schön war, und erstaunlich flach, aber abgesehen von ein paar Hunden, Autos und Motorrädern war es zumindest sehr ruhig. Nach einer viel zu langen Zeit erreichte ich endlich ein Schild, das den Weg zur archäologischen Anlage kennzeichnete, was mich zumindest erleichterte, da ich nicht völlig falsch gelaufen zu sein schien, und lief fortan weitläufige Serpentinen entlang. Nach zwei Stunden sah ich endlich die Ruinen, fand aber wieder keinen direkten Weg zu ihnen und kletterte abermals über Terrassen und an Kühen vorbei hinauf zum Gipfel. Oben angekommen genoss ich den wunderbaren Blick ins Tal hinein und die Ruhe, denn außer mir waren nur fünf weitere Personen in der Anlage, und da diese nicht klein war, verteilten wir uns gut. Ein Arbeiter aus der Gegend gesellte sich zu mir und zufällig erfuhr ich, dass es einen echten Wanderweg gab, der direkt nach Ollanta führte, während ich auf der Straße gelaufen war, weswegen ich deutlich länger gebraucht hatte. Zum Ende der Unterhaltung stellte sich dann heraus, dass auch dieser freundliche Mann auf ein Trinkgeld aus war, für die vermeintliche Instandhaltung der Anlage.





Über den richtigen Weg kam ich einfach an den Beginn des Hügels und bekam von sehr netten Peruanern ein Wasser geschenkt, und entlang eines Bachs machte ich mich auf dem richtigen Wanderweg auf den Weg zurück nach Ollanta, und dieser war nun wirklich wunderschön und führte auf den Terrassen, mit Blick über das Tal und die Straße, durch den Wald zurück zu den Siedlungen und schließlich nach Ollanta - diesmal brauchte ich nur etwas mehr als anderthalb Stunden für den Weg, und außer einem Peruaner, der mit seinem Sohn und seinen zwei Eseln auf dem Weg nach Ollanta war, war ich wieder für mich allein und konnte die Natur und die Ruhe genießen.






Zurück im Dorf entschied ich mich, statt von einer Touristenfalle am Plaza enttäuscht zu werden, wieder im Living Hearts einzukehren, und sah vor der Türe sitzend ein deutsches Pärchen, das auch am Vorabend schon am Nebentisch gesessen hatte, und sprach die beiden auf Deutsch im Vorbeigehen an. Da es innen voll war und die Sonne schien, entschied ich mich, auch draußen zu sitzen, und kurzerhand boten mir die beiden an, mir einen Stuhl zu schnappen und mich zu ihnen zu setzen. Auf Anhieb waren wir uns sympathisch, und unerwarteterweise saßen Johannes, Angelika und ich fast zwei Stunden lang zusammen und kamen aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus. Die beiden hatten nur kurz vorher die gleiche Wanderung gemacht, und ich glaube, die beiden sogar kurz in der Ferne gesehen zu haben, als ich gerade den Hügel zu den Ruinen erklomm. Trotz des Altersunterschieds - die beiden waren etwa doppelt so alt wie ich - hatten wir uns viel zu sagen, aber irgendwann rissen wir uns los, ich quatschte noch kurz mit einer weiteren Deutschen, die uns vom Nebentisch aus angesprochen hatte, und machte mich dann zufrieden auf den Weg zurück zu den Collectivos, fand auf dem Weg dorthin noch einen leckeren Eisladen und ein Collectivo, das sofort losfuhr, und war abends wieder zurück in Cusco.

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