Sonntag, 6. März 2016

19. Dezember – 1. Januar: Familienbesuch, Geburtstag, Weihnachten, Roadtrip und auch noch Silvester!


Nicht lange nach meiner Ankunft in Berkeley hatten meine Familie und ich den Besuch in Amerika geplant. Und je näher der Besuch meiner Eltern und meiner Schwester rückten, desto besser fügten sich die Dinge zusammen. Da Faye kurz zuvor eine Wohnung mit Tristan gefunden hatte, konnten und durften meine Eltern in ihr Zimmer während unseres Aufenthalts in der Bay Area. Und die Sorge, Freunde würden ohne mich verreisen und ich wäre im Januar alleine, hatte sich einen Tag vorher glücklicherweise auch erledigt. Nach langen Verzögerungen bei der Einreise war es soweit: ich sah meine Familie wieder! Ich war wahnsinnig glücklich, sie wiederzusehen, und freute mich sehr darauf, ihnen zeigen zu können, wo ich die letzten Monate verbracht hatte. Außerdem freute ich mich riesig, dass Jed und Yvonne meine Familie kennen lernen würden, und umgekehrt.
 
Die ersten Tage in der Bay Area

Nach einem ruhigen, jetlagbedingt kurzen Abend, starteten wir den Samstag in einem gemütlichen Diner in Hafennähe mit einem sehr typisch amerikanischen Frühstück – Eier, Bacon für die Nicht-Vegetarier am Tisch, Toast mit Butter, Hash Browns, French Toast, Pancakes mit Maple Syrup, Muffins. Obwohl Andy am gleichen Tag noch zu seinem Roadtrip aufbrach, schafften wir es noch, dass wir zusammen frühstückten. Gestärkt ging es nun mit der BART auf nach San Francisco, wo ich meinen Eltern die touristischen Sehenswürdigkeiten und bekannte Ecken und Viertel zeigte: die Market St. mit dem riesigen Westfield-Einkaufszentrum, nach einer Café-Pause in einem Blue Bottle Café durch Chinatown nach North Beach, auf den Telegraph Hill hinauf und nach einem Abendessen bei einem Italiener in North Beach durch den Financial District zurück zur BART.
Am Sonntag nutzte ich das Frühstück erneut, um meiner Familie einen liebgewonnen Menschen vorzustellen, und so frühstückten wir in dem französischen Café La Note mit Angel zusammen. Wir brachten sie noch zur Arbeit zur Lawrence Hall of Science, wo sich uns ein dramatischer Blick auf die Bay bot: dunkelgraue Regenwolken, Nebel, und hier und da ein Blick auf Berkeley, die Bay oder San Francisco. Nachdem ich meiner Familie einen Eindruck vom Campus vermittelt hatte und wir vom Campanile die mittlerweile klare Panoramasicht auf San Francisco bewundern konnten, ging es ab nach Hause wegen einer Weihnachtsüberraschung: Familie Donnelley und wir gingen zusammen in das Paramount Theatre in Oakland, meiner Mama und Lilli hatte ich zu Weihnachten im Voraus zwei Karten für das Ballett „Der Nussknacker“ geschenkt. Jed und mein Vater blieben Zuhause und spazierten mit den Hunden, während Yvonne und ihre Mutter, Faye und Tristan, Annika und ihre Freundin, Mama, Lilli und ich uns auf den Weg nach Oakland machten. Ich war überrascht, wie schön das Theater war. Es handelte sich um ein Art-Decó Theater und war dementsprechend überladen mit prunkvollen, goldenen Stuk und Dekorationen, samtenen Wandbezügen, großflächigen und farbprächtigen Malereien. Nicht anders als in Deutschland ist der Nussknacker ein typisches Feiertagsballett, und so fanden sich auch viele Familien mit Kindern unter den Besuchern. Das Ballett selbst war ebenfalls wunderschön – sehr klassisch, mit aufwendigen Kostümen und prächtigen Bühnenbildern. Zur Feier des Tages gingen beide Familien abends zusammen in eines der Lieblingslokale der Donnelleys, das La Mediterraneum, und stießen an auf eine neue Freundschaft. Für mich war das ein sehr bewegender Moment. Meine Familie und Gastfamilie waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen, und nun hatte sich aus einer temporären Patchwork-Wohngemeinschaft eine Freundschaft zwischen Familien entwickelt.
Am Montag entschlossen wir nach einem gemeinsamen Frühstück mit meiner Gastfamilie, ein zweites Mal nach San Francisco zu fahren, diesmal mit dem Auto, da wir so einige Orte besser erreichen konnten. Ich zeigte meiner Familie beim Vorbeifahren den Golden Gate Park, den schönen Platz vor dem Legion of Honor Museum und den daran angrenzenden Park, wir hielten am Lieblingsstrand der Donnelleys, dem Baker Beach, und genossen die kräftigen Sonnenstrahlen, die unerwartete Wärme des Tages und die gewaltige Brandung des Pazifik. Weiter ging es über die Golden Gate Bridge – nachdem ich sie monatelang nicht überquert hatte, holte ich dies nun gleich zweimal in einer Woche nach. Auch dort führte ich meine Familien zu den Ecken, die ich mit Bianca zusammen entdeckt hatte. Anders als wir damals fuhren wir allerdings anschließend nicht wieder zurück, mitunter aus dem Grund, dass das Befahren der Brücken aus und nach San Francisco immer in eine Richtung bezahlt werden müssen, und da man für die Golden Gate Bridge die Toll nicht auf dem Weg bezahlen kann und man registriert wird, würde die Rechnung an die Autovermietung weitergeleitet werden. Wir entschieden uns für einen Abstecher nach Sausalito, ein Fischerdorf nördlich der Golden Gate Bridge mit netten Cafés, kleinen Boutiquen und einer schönen Strandpromenade mit wundervoller Sicht aus anderer Perspektive auf die Stadt. Über die Richmond Bridge ging es weiter durch Richmond und zurück nach Berkeley, wo wir in einem pakistanischen Restaurant gleich bei mir um die Ecke sehr authentisches und sehr leckeres Essen bekamen.

Geburtstag!

Der 23. Dezember war mein Geburtstag, und während er in Deutschland nicht weiter bedeutend gewesen wäre, bedeutete er hier für mich ein ganzes Stück mehr gefühlte Freiheit. Ich galt nun auch in den Vereinigten Staaten als erwachsen und war somit befugt, Alkohol zu trinken! Und um das auch kräftig auszunutzen und natürlich auch, weil es mir von vielen Bekannten wärmstens empfohlen worden war, wünschte ich mir, den Tag im Napa Valley zu verbringen. Nicht mal zwei Stunden nördlich von San Francisco befindet sich diese Landschaft aus Weinbergen, mit kleinen Weingütern und Städten gespickt. Wir machten uns morgens nach einem kurzen Frühstück im Diner Giants auf den Weg der Sonne entgegen. Trotz der fehlenden Blüten waren die Weinberge wunderschön anzusehen, das satte Grün der Hügel schien am Horizont nicht zu enden. Bei über 20° stiegen wir gegen Mittag aus dem Auto und besuchten das Artesa Winery, ein sehr modernes, aufwendig gestaltetes Weingut. Papa und ich probierten uns durch ein paar Weine, während Mama, die sich bereit erklärt hatte, zu fahren, und Lilli, die weit jenseits der 21 war, die Sonne genossen. Danach besuchten wir ein weiteres Weingut, Hess, ebenfalls sehr elegant, und vor allem deswegen interessant, weil es eine Kunstwerksammlung in seinem Haus beherbergte. Auch hier probierten Papa und ich ein paar Weine, und waren überrascht von der immensen Qualität. Am späten Nachmittag machten wir uns auf den Rückweg nach Berkeley, denn wir waren am Abend mit meiner Gastfamilie verabredet zum Essen im Restaurant Skates on the Bay, in dem auch die Donnelleys ihre Geburtstage zu feiern pflegen. Mit Blick auf die Skyline von San Francisco durch die verglasten Wände genossen wir einen Aperitif in der Bar, in der uns auch wieder der Unsinn amerikanischer Gesetzgebung in Bezug auf Alkoholika unter Beweis gestellt wurde; zunächst wollten wir uns an der Bar niederlassen, wogegen die Kellnerin aber schnell intervenierte, da Lilli offensichtlich unter 21 war. Einen halben Meter weiter, an einem Tisch (immer noch in der Bar, aber eben nicht an der Bar) durften wir hingegen Platz nehmen. Das Essen war wie erwartet vorzüglich, und die Stimmung ausgelassen. Es war wie ein weiteres Geburtstagsgeschenk, meine lieben Familien um mich herum zu wissen. Ausklingen ließen Angel, Riad, Faye, Tristan und ich den Abend noch im Jupiters bei meinem ersten legal erworbenen Bier in Amerika. Alles in allem war es ein wunderschöner, harmonischer und ereignisreicher Tag und wird mir sicherlich als besonderer Geburtstag in Erinnerung bleiben.

Weihnachten mal anders

Den Heiligabend starteten meine Familie und ich mit einem Frühstück in einem meiner Lieblingscafés gleich an der Ecke meiner Straße, dem Elmwood Café, und fuhren mit der BART ein weiteres Mal nach San Francisco. Der Wind war über Nacht sehr stark geworden, und der Himmel wieder bedeckter. Von besinnlicher Stimmung war nichts zu spüren – die Stadt war gewohnt voll von Touristen und Einwohnern, die Geschenke besorgten. Der Vollständigkeit wegen spazierte ich mit meiner Familie am Pier entlang zum Fisherman’s Wharf, einem der beliebtesten Touristenziele, wo wir die Seelöwen begrüßten und durch ein paar Shops bummelten. Doch wie erwartet gefiel auch meinen Eltern und meiner Schwester der Trubel nur bedingt, ebenso wie ich empfanden sie den Pier als eher atmosphärenlos und Touristenfalle. Mit einer der alten, traditionellen Cable Cars fuhren wir die steilen Straßen hinauf und hinunter und fanden trotz Panne zur Market St. zurück, von der wir mit der BART wieder nach Berkeley fuhren. Dort hatte sich neben den Donnelleys mit Annika auch Jeds Bruder mit seiner Ehefrau eingefunden, und wir zwölf genossen gemeinsam das Christmas Dinner, während wir weihnachtlichen Klängen lauschten und muntere Gespräche führten. Nachdem wir ins Wohnzimmer umgezogen waren, gab es noch Kaffee und Kuchen am Kaminfeuer, die Mädchen der Familien sangen amerikanische und deutsche Weihnachtslieder, die Yvonne musikalisch am Flügel begleitete, und mit viel Ruhe und Gemütlichkeit packte jeder Einzelne nach und nach ein Geschenk aus, das von allen Seiten bewundert und kommentiert  wurde und – wenn möglich – auch gleich ausprobiert. So saßen wir stundenlang zusammen und genossen die familiäre Stimmung.

Familien Roadtrip – auf nach South California

Obwohl wir den Heiligabend schon ungewöhnlich verbracht hatten, wurde es von nun an noch unweihnachtlicher: am ersten Weihnachtsfeiertag brachen wir vier auf in Richtung Süden. Traditionell ist in den USA erst am 25. Bescherung und entsprechend passend war es, dass auch die Donnelleys diesen Tag für sich hatten. Nach einer relativ kurzen Fahrt von etwa zwei Stunden hielten wir an unserem ersten Ziel: Monterey. Der Plan war es gewesen, den Nachmittag im Aquarium zu verbringen und am nächsten Morgen nach LA weiterzufahren. Doch unser Plan hatte gängige Feiertage nicht berücksichtigt, und so fanden wir uns vor verschlossenen Aquariumstüren wieder und waren gezwungen, unsere Flexibilität, die wir uns hatten beibehalten wollen, unter Beweis zu stellen. Wir fuhren in das nahe gelegene Carmel, wo allerdings auch alles etwas verlassen aussah, und genossen die letzten Sonnenstrahlen an einem Strand, der wohl einer der schönsten an der Westküste sein soll. Danach spazierten wir ein wenig am Pier von Monterey entlang und fanden, nach unerwartet und ärgerlicherweise sehr langer Suche nach einem offenen Lokal, ein Restaurant, das uns trotz des Feiertages bediente.
Gleich am nächsten Morgen ging es dann aber in das Aquarium, das mir, obwohl ich es schon gesehen hatte, wieder sehr gut gefiel und mich von seinem Konzept für Nachhaltigkeit und Aufklärung einmal mehr überzeugte. Am Nachmittag ging es auf dem Highway 1 entlang Richtung LA, wir hielten uns die Option offen, auf der Strecke zu pausieren oder durchzufahren. Beim Nationalpark Big Sur hielten wir an und statteten den McWay Falls einen Besuch ab. Liebend gerne hätte ich meinen Eltern natürlich die Ecken gezeigt, die ich im November auf unseren Wanderungen entdeckt hatte, doch dieses Mal vergnügten wir uns mit dem Plätzchen, das auch ohne Wanderung erreichbar war. Zwischen Monterey und Big Sur, aber auch noch ein ganzes Stückchen weitere ist der Highway 1 meiner Meinung nach am schönsten. Im Grunde kamen wir aus dem Erstaunen über die Schönheit der Küste gar nicht mehr heraus. Und der Sonnenuntergang war wieder einmal einer der schönsten, den ich je bestaunen durfte. Leider ist der Highway ab Einbruch der Dämmerung nicht mehr ganz so schön – hügelige, unbeleuchtete und kurvige Strecken machen das Fahren langsam und beschwerlich. Wir entschieden uns, in einem Fischerdorf einzukehren, Morro Bay, das außer ein paar Restaurants an der Strandpromenade nicht viel zu bieten hatte. Einmal mehr merkten wir, was wir nicht erwartet hatten: selbst hier waren die Hotels und Motels fast ausgebucht. Zwischen Weihnachte und Silvester ist eine beliebte Reisezeit, das hatten wir zumindest nicht so extrem erwartet.  
Am Samstag nahmen wir die Fahrt gen LA wieder auf, machten einen kurzen Halt in einem Vorort Santa Barbaras und waren hellauf begeistert – die Temperaturen waren gleich ein paar Grad angestiegen, seit wir in Südkalifornien waren, wie man es sich vorstellt, sind überall Palmen und Strände. Gegen Mittag erreichten wir unser Hotel in Los Angeles, und als wir uns auf den Weg nach Hollywood machten, merkten wir, wie unmöglich es hier tatsächlich wäre, sich ohne Auto fortzubewegen. Die Straßen sind bis zu neunspurig, und selbst zwischen den einzelnen Vierteln fährt man immer wieder über Freeways – während man in der Stadt ist! Das hätte ich mir vorher nicht vorstellen können. Unser erstes Ziel war der Walk of Fame. Ich hatte ihn mir anders vorgestellt, und dadurch und durch die Tatsache bedingt, dass die meilenlange Straße überlaufen mit Touristen war, fand ich diese Attraktion eher anstrengend. An der Straße reihten sich Touristenramschläden aneinander, Sterne von beliebten Stars wurden hart von fotografierenden Massen umkämpft, Doubles versuchten sich ein bisschen Trinkgeld zu verdienen, indem sie sich anzogen wie Stars, denen sie ähnlich sahen, und für Fotos mit ihnen einen kleinen Tip dankend entgegen nahmen. Flair oder Atmosphäre habe ich vergeblich versucht zu verspüren. Ich weiß aber, dass das durchaus am Tag oder an der Stimmung gelegen haben kann, oder an meiner so anderen Erwartung. Abends versuchten wir ein Univiertel zu entdecken und wollten schon fast aufgeben, da erstreckte es sich auf einmal vor uns: viele Restaurants, darunter ein japanisches, in dem wir aßen, Läden und sofort eine viel greifbarere Atmosphäre.
Als Sonntagsprogramm hatten wir uns für eine Tour durch die Warner Brothers Studios entschieden, anstatt in die Universal Studios zu gehen. Akribisch eingetaktet wurden wir zunächst in einen kleinen Filmsaal geschleust, in dem uns ein Einspieler über die Studios vorgespielt wurde. Danach wurden wir in Gruppen aufgeteilt und zu kleinen offenen Wagen geführt, deren Fahrer uns durch die Kulissen fuhren, erwähnten, welche Szenen aus welchen Filmen wo gedreht wurden, und sehr informative, aufschlussreiche und witzige Fakten erzählten. In einer Sonderausstellung über die Harry Potter-Reihe sowie die Batman-Filme sowie bei verschiedenen Stationen wie einzelnen Kulissen, dem Requisitenlager oder der Sitcom-Halle, in der zum Beispiel Two and a half men aufgenommen werden (und die Lacher live aufgenommen! – hätte ich nie gedacht) konnten wir uns alles in Ruhe ansehen. Am Ende der Tour hatte man tatsächlich das Gefühl, ein bisschen besser zu verstehen, wie und mit welchen Methoden ein Film produziert wird und vor allem, wieviel Arbeit dahinter steckt! Um auch das Hollywood-Zeichen mal gesehen zu haben, folgten wir dem Tipp eines Mannes und fuhren viele, enge Kurven durch eine Nachbarschaft hindurch und glaubten schon fast, falsch zu sein, als sie vor uns auftauchten: wie so vieles dort kleiner und unspektakulärer als gedacht – und mal wieder ein bisschen anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Nach einem Abstecher zum Rodeo Drive, um auch diesen mal gesehen zu haben, wollten wir eigentlich zum Griffith Park, auf dessen Spitze das Planetarium und Observatorium stehen, doch die fast einstündige Fahrt lohnte sich nicht, da der Parkplatz überfüllt war und ankommende Fahrzeuge wieder zurückgewiesen. Stattdessen entschieden wir uns spontan für einen Kinobesuch, Into the Woods war gerade angelaufen, und überbrückten die Zeit bis zum Filmbeginn mit einem Café in einem netten Eckcafé und einem Bummel in einer der vielen tollen Secondhand-Ketten. Auf dem Weg zum Kino durchfuhren wir außerdem noch einige andere Viertel, was uns einen wachsenden Eindruck dieser riesig und ungreifbar scheinenden Stadt verlieh. Aufgrund der vorangeschrittenen Zeit gab es anschließend noch einen kleinen im Supermarkt zusammengekauften Imbiss auf dem Hotelzimmer.
Den Montagvormittag verbrachten wir nach einem weiteren Diner-Frühstück im Getty Center, das vor allem deswegen interessant ist, da es auf einem Hügel hoch über Stadt erbaut ist und der Eintritt frei ist. Wenn man für das Parken bezahlt hat, kann man mit einer Seilbahn hinauf zum Museum fahren und von der sich weit erstreckenden, architektonisch interessanten modernen Anlage die Stadt von oben betrachten. Für die Kunstwerke selbst fehlte mir an diesem Tag die Aufnahmefähigkeit, und so besuchten wir lediglich eine Ausstellung europäischer Gemälde und eine Fotoausstellung. Danach fuhren wir nach Santa Monica, und liefen die lange, wunderschöne Strandpromenade nach Venice Beach entlang. In diesem alternativen Örtchen trifft man auf Althippies, die in die Tasten verstimmter Flügel hauen, oder Surfer, die verträumt mit ihrem Hund auf dem Arm in die untergehende Sonne schauen. Man sieht viele Henna-, Tattoo- und Piercingshops und viele Möglichkeiten, Marihuana zu erwerben. Nur nach Einbruch der Dunkelheit soll die Promenade nicht mehr allzu sicher sein, und tatsächlich war mit Untergang der Sonne minütlich weniger los und wir fühlten uns sicherer, je näher wir Santa Monica wieder kamen. Dort fanden wir ein Restaurant auf der vollen Einkaufspromenade und spazierten anschließend noch zu dem kleinen Freizeitpark, der direkt am Pier lag.
Der nächste Morgen bedeutete für uns bereits wieder die Rückfahrt nach Berkeley, doch nicht ohne zuvor noch im allzu bekannten Malibu Halt gemacht zu haben, um ein wenig am Strand zu spazieren, inklusive Blick auf teure Privatvillen und sonnenlichtumtanzte Wellen. Um schneller den Norden Kaliforniens zu erreichen, wählten wir diesmal die Interstate. Hin und wieder eine Massentierhaltung am Straßenrand, ansonsten nur endlose, öde Landschaft. Nach einem letzten Abstecher in das auf dem Weg in Livermore gelegene Outlet erreichten wir gegen Abend die Stadt. Da es spät geworden war und die Restaurants oft schon um 8 schließen, aßen wir noch eben eine Pizza nahe dem Campus und gönnten uns - ganz zu meiner Freude - noch eins der legendären Ice Cream Sandwiches im Cream.

Silvester in San Francisco
Den letzten Tag des Jahres wollten wir nicht tatenlos Zuhause verbringen, und so erfüllten wir nach einer kleinen Shoppingrunde durch Berkeley einen der langgehegten Träume meiner Mutter und fuhren zum Muir Woods National Monument. Zwar hatten wir es nicht in den Redwood Nationalpark geschafft, doch die letzten in der Region San Francisco verbliebenen Küstenmammutbäume, die höchste Baumart der Erde, beeindruckten uns mit ihren bis zu 79 Metern Höhe nicht weniger. Einen Spaziergang entlang dieser Baumriesen ließen wir mit einer heißen Schokolade ausklingen und fuhren dann flugs zurück nach Berkeley, während in Deutschland schon das Jahr 2016 feiernd begrüßt wurde. Nach einem kurzen Friseurbesuch und einer kleinen Stadtrundfahrt durch die an den Campus angrenzenden Straßen mit ihren prachtvollen Häusern und Fraternities machten wir vier uns abermals auf den Weg nach San Francisco. In einem Restaurant nahmen wir ein leckeres Silvester Dinner zu uns und schlossen uns anschließend den Massen an, die allesamt in Richtung Embarcadero liefen. Die ganze Market St. war für diesen Zweck gesperrt worden, und Polizisten an den Straßenecken nahmen den Menschen unaufgeregt aber bestimmt Sekt- und Bierflaschen ab - auch an Silvester gab es keine Ausnahmen. Seltsam war lediglich, dass so viele Menschen mitten in der Nacht mit Kaffeebechern durch die Straßen liefen... Am Pier angekommen, waren es nur noch wenig Minuten im Jahr 2015 - und dann begann es, das einzige Feuerwerk San Franciscos. Mit dem Ferry Building im Hintergrund war es ohne Zweifel sehr schön, und die Stimmung unter den Hunderten von Zuschauern ausgelassen - doch für das einzige große Feuerwerk in der Bay Area hatten wir fast etwas mehr erwartet. Beeindruckend war jedoch, wie gut organisiert die Abreise der Menschen verlief - geordnet liefen alle gleichzeitig in die angrenzenden BART-Stationen, die nur in jeweils eine Richtung offenstanden, und binnen 15 Minuten saßen wir bereits in der Bahn nach Berkeley.
Der 1. Januar hieß für meine Familie und mich, Abschied zu nehmen. Bereits auf der Rückfahrt vom Flughafen war mir mulmig zumute - am folgenden Tag würde ich Berkeley auch erst einmal für ein paar Tage verlassen, und danach waren meine Tage dort gezählt. Bis in die späten Nachtstunden teilte ich mein verbleibendes Gepäck auf. Meine Familie war mit halbleeren Koffern angereist und hatte einen Großteil meiner Dinge bereits mit nach Deutschland genommen, trotzdem sollte während meines Roadtrips noch weiterer gepackter Koffer bei den Donnelleys untergestellt werden. Am nächsten Morgen fuhr ich gegen Mittag zu Jasmijns Appartement, und dann begann unser Abenteuer...

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