Samstag, 21. Februar 2015

Kulturausflug nach Pittsburgh

Leider erreichte ich Pittsburgh mit vierstündiger Verspätung, da es in Phoenix technische Probleme gegeben hatte und wir dreimal das Flugzeug hatten tauschen müssen, einmal sogar, als schon alle Passagiere saßen.
Nichtsdestrotrotz: meine ehemalige Gastfamilie wiederzusehen war wundervoll. Auf dem Weg vom Flughafen nach Hause versprach mir Nashas Mann Alexis eine fabelhafte erste Sicht auf die Stadt am Ende eines Tunnels, den wir durchquerten - und er behielt recht. Eine Skyline, wie man sie sich vorstellt, wenn man über Amerika spricht, allerdings inmitten von Wasser, in dem sich die vielen Lichter widerspiegeln, und eine unerwartet große Anzahl von Brücken. Ich sollte noch lernen, dass Pittsburgh auch als "City of Bridges" bezeichnet wird - mit sogar mehr Brücken als Venedig, 446 an der Zahl. Zuhause angekommen erhielt ich sogar mein eigenes Zimmer - was für ein Luxus! Vor einigen Jahren waren sie wegen Nashas neuem Ehemann nach Pittsburgh umgezogen, die Inneneinrichtung und Farbauswahl im Haus erinnerte mich aber sehr an ihr altes Zuhause in Portland. Es stelle sich jedoch heraus, dass es nicht schlecht war, dass ich alleine schlief, denn mein schon vor der Abreise ziemlich nach hinten verschobener Schlafrhythmus ließ mich nun bis in späte Nacht aufbleiben - drei Stunden Zeitverschiebung sind es von der West- and die Ostküste immerhin!
Am Montagmorgen war es dann endlich soweit und ich sah Tylda wieder, die nicht mit zum Flughafen hatte kommen können. Nachdem wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht und Musik gezeigt hatten, waren wir in der Café-Kette Crazy Mocha, deren Logo ich nach wie vor superlustig finde.
Nachmittags musste ich leider an einer meiner Hausarbeiten weiterschreiben, die dafür dann aber fertig war und abgeschickt werden konnte. Da ich über Lösungsansätze für das Problem der unfairen Kleidungsherstellung geschrieben hatte, schlug Nasha vor, den Film Zoolander zu schauen, der inhaltlich genau daran anknüpfte und ansonsten herrlich albern war.
Als es um das Abendessen ging, fragte Nasha mich, ob ich Black Eyes Peas mag, und ich antwortete, dass ich sie schon okay fände, ob sie Musik hören wolle. Sie lachte sich halb schlapp - eigentlich hatte sie wissen wollen, ob ich diese bestimmte Bohnenart mag!

Da Tylda am Dienstag einige Termine hatte, verbrachte ich den Nachmittag im Andy Warhol Museum, das weltweit größte Museum über nur einen Künstler. Wie schon im van Gogh-Museum in Amsterdam fand ich es sehr bereichernd, mich ausschließlich mit einem Künstler zu beschäftigen, etwas über sein Leben zu lernen und es in Verbindung zu setzen mit den verschiedenen ausgestellten Werken, um es so versuchen zu verstehen - neben seinen berühmten Pop Art-Porträts auch Fotografien, Installationen, Videos, Skulpturen und viele Möglichkeiten, mit seiner Arbeit zu interagieren oder selbst aktiv zu werden. Abends waren wir zum Essen bei Anna & George, Freunden von Nasha und Alexis, eingeladen. George, der aus Griechenland kommt, kochte die beste Moussaka, die ich jemals gegessen habe. Darüberhinaus habe ich die entspannte Atmosphäre, die teils flapsigen, teils aber auch ernsthaften Gespräche und wieder einmal die ungemein herzliche und willkommenheißende Gastfreundschaft sehr genossen. Anna hat uns sogar noch in ihren Kleidersäcken stöbern lassen, die sie zum Secondhand Shop bringen wollte, und wir konnten noch ein paar schöne Teile ergattern.
Am Mittwoch schließlich hatten Tylda und ich dann wieder mehr Zeit für uns, und nachdem wir in der National Aviary, in der sie mal freiwillig gearbeitet hatte, die vielen verschiedenen Vögel bewundert hatten, schauten wir uns Downtown an.


Das war allerdings eher enttäuschend. Abgesehen von der bitteren Kälte würde es wohl auch bei besserem Wetter nicht viel mehr Spaß bereiten, durch die langweiligen, von Hochhäusern gesäumten, unaufregenden und unspektakulären Straßen Downtowns zu laufen. Statt interessanten Häusern, bunten Hauswänden und kleinen, Atmosphäre einhauchenden Cafés und Lädchen wie in San Francisco sind in Pittsburghs Downtown ausschließlich Ketten und triste Gebäude vorzufinden.


Selbst in der Universitätsgegend konnte mich Pittsburgh nicht so recht von seinem Charme überzeugen, doch vielleicht lag es auch schlicht und ergreifend an dem düsteren Licht und den wenigen Menschen auf der Straße. Ich schaute mir die Cathedral of Learning an, das zweithöchste Universitätsgebäude der Welt, und von innen sieht es in der Tat sehr schön aus.

Leider konnte ich im oberstem, vierzigsten Stock nicht durch die Fenster schauen, doch der Blick ein paar Etagen darunter ließ mich vermuten, dass ich nicht allzuviel verpasst hatte. Wirklich großartig allerdings fand ich die Conflict Kitchen, eine zunächst einmal unscheinbare Bude auf dem großen Platz zwischen Universität und Bibliothek. Dort werden Gerichte aus einem Land angeboten, mit dem die USA derzeit in einer Krise steckt. Als ich dort war, wurden palästinensische Gerichte serviert, die Betreiber verrieten mir, dass als nächstes mal wieder kubanisches Essen auf dem Programm steht.

 Am nächsten Tag entdeckte ich eine Gegend Pittsburghs, die mir um einiges besser gefiel. Tylda zeigte mir die Filmschule, auf die sie geht, und in der Zeit, in der sie ihre Kurse besuchte, lief ich für ein paar Stunden herum. Hier fand ich nun endlich ein paar einladend aussehende Cafés sowie interessante Graffitis.


Abends zeigte uns Alexis seinen neuen Kurzfilm, der mittlerweile auch Premiere hatte, und der mich sehr beeindruckt hat, da Alexis die Puppen, die Musik, die Texte, die Requisiten und das Bühnenbild, die Aufnahmen und die gesamte Recherche selbst kreiert hatte. Während der Vorstellung würde der Film als Stummfilm ablaufen und er ihn live musikalisch begleiten. Dies war jedenfalls der Anfang einer wieder etwas längeren Nacht, in der ich meine zweite Hausarbeit endlich fertigstellte.
Da Tylda am folgenden Sonntag Geburtstag haben würde, lud ich sie am Freitag ins Kino ein, und abends gingen wir alle in eine Performance einer Freundin von Alexis, die zum Glück nicht nur ich eher abgefahren und ermüdend fand. Lediglich das dahinterstehende Konzept gefiel mir sehr - Interessierte kaufen sich die Karten für ein Jahr im Voraus, so finanzieren sich bis zu 6 Kunstprojekte im Jahr, die dann realisiert werden.
Am Samstag zeigte mir Tylda ihr Lieblingsmuseum, das Carnegie Art & Natural Museum, in dem wir tatsächlich den ganzen Tag verbrachten, soviel gab es dort zu entdecken! Berühmt ist es unter anderem für seine große Dinosaurierknochen-Sammlung.





Wir ließen den, leider auch schon letzten, Abend zu viert bei einem vorgezogenen Geburtstagsdinner in einem wunderbaren Restaurant ausklingen und feierten Tyldas und sogar schon meinen Geburtstag.

Tyldas Geburtstag selbst verbrachten wir ganz entspannt mit Geschenke auspacken und dem grandiosen Film "Das große Krabbeln". Dann hieß es auch schon wieder Abschied nehmen. Wir konnten alle nicht so recht glauben, wie schnell die Zeit vergangen war, da wir uns so gut verstanden und eine so schöne Zeit miteinander verbracht hatten.

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